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Fahrverhalten der BrandenburgerAlle Klischees bestätigt

Die Brandenburger begehen die meisten Verkehrsdelikte - das haben die Berliner doch schon immer gewusst

Wo ist die Karre zu Schrott gefahren worden? In Brandenburg natürlich Bild: dpa
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Klischees sind etwas ganz, ganz Gemeines. BrandenburgerInnen können ein Lied davon singen: Oft drängt sich Berlinern der Verdacht auf, die Gegend hinter ihrer Stadtgrenze sei eine einzige versteppte Industriebrache, auf der sich Nazi-Banden tummeln, ein weites Feld, unterbrochen von Alleen, um deren Bäume sich jugendliche Raser wickeln. Nicht von ungefähr interpretiert der hauptstädtische Volksmund die Kfz-Kennzeichen der Anrainer-Landkreise auf böswillige Art und Weise neu: "OHV" - "Ohne Hirn und Verstand", "TF" - "Trottel fährt", "LDS" - "Lernen durch Schmerzen".

Und dann läuft uns eine Statistik über den Weg, die ausgerechnet die eingeschränkte Straßentauglichkeit unserer Umländer amtlich macht: Mit 253.000 registrierten Verkehrsdelikten bei rund 2,5 Millionen Einwohnern leisteten sich im Jahr 2009 sensationelle 100 von 1.000 Brandenburgern einen Regelverstoß und hieven ihr Land damit deutschlandweit auf den undankbaren ersten Platz. Sagt nicht irgendwer. Sagt die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen-Fraktion im Bundestag. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 55 auf 1.000.

Es kommt aber noch dicker: Berlin, die gute, alte Drahtesel- und Doppeldecker-Metropole der kurzen Wege, gewinnt den Verkehrssünder-Contest mit sensationell überschaubaren 36 Delikten pro 1.000 Einwohnern. Was nur einen einzigen Schluss zulässt: "B" steht für "beispielhaft". Foto: Archiv

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7 Kommentare

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  • T
    Taz-Leser

    @ Sascha Z: Ich habe zum 1. Mal diesen Artikel mit der Bild verglichen, da ich es aufgrund von Klischees, Pauschalisierungen und keiner guten Analyse für berechtigt halte.

     

    @ taz leserin:

     

    So etwas wie "die leute da lassen ihren frust, ihren hass, ihre ganze heiße wut beim autofahren raus - ohne rücksicht auf verluste" sind doch einfach nur wage Behauptungen. Ich bin früher oft in Potsdam Auto und Fahrad gefahren und das alles unfallfrei. Weder habe ich einen umgefahren, noch mich jemand.

     

    Ich kenne viele "Brandenburger" und viele "Berliner" und ich erkenne nicht, dass diese Menschen irgendwie regional anders sein sollen. Früher wurden Unterschiede zwischen "Weißen" und "Schwarzen" gezogen. Heutzutage zwischen Berliner, Brandenburger und Bayern. All diese Klischees, dass die Menschen anders sein sollen, halte ich für sinnfrei. Der Artikel könnte auch lauten "Schwarze rasen" oder "Frauen machen mehr Unfälle" - Da würden dann viele wieder schreien, aber wenn man aus einer Statistik die Menschen regional trennt, dann ist das ja ok?

     

    Man sollte wirklich mal untersuchen, wieso in Brandenburg so viele Unfälle passieren und nicht gleich sagen: "Das liegt an den Brandenburger". Das geben die statischen Zahlen nämlich nicht her. Ich denke viele Menschen, egal woher sie kommen, rasen gerne. Darum bin ich auch für ein Tempolimit. Vll. besitzt Brandenburg viel mehr Straßen, die zum rasen einladen? Und wer rast, baut schneller Unfälle und wird geblitzt. In Berlin ist doch alles so gut reguliert, dass man bei all den Ampeln und dem dichten Verkehr in vielen Regionen doch eh kaum schneller als 50 fahren kann. Und Brandenburg ist nunmal nach Mecklenburg-Vorpommern das am dünnsten besiedelte deutsche Land, d. h. die Landstraßen, die eh zum rasen einladen, sind weniger befahren als die Straßen in Berlin. Egal ob "Brandenburger" oder "Berliner" drücken da viele aufs Gaspedal, da man freie Fahrt hat. Baumunfälle stehen auch an der Spitze von tödlichen Verkehrsunfällen und diese Unfälle hat man wohl mehr auf Landstraßen als in einer Stadt.

     

    "Bezogen auf die Einwohnerzahlen der Bundesländer habe es in Mecklenburg-Vorpommern die meisten Getöteten (93 je 1 Million Einwohner) gegeben"

     

    Das würde nach meiner Argumentation jedenfalls auch Sinn ergeben, da die Straßen in Mecklenburg ja noch weniger befahren sind. Wenn man vor sich einen Autofahrer hat, der 50 fährt, kann man halt nicht schneller fahren und begeht somit auch weniger Verkehrsdelikte.

     

    Das sind jetzt alles nur mögliche Hypothesen, aber immer noch besser als Artikel über "Alle Klischees bestätigt".

  • TL
    taz leserin

    @taz leser

    ich fahre kein auto, bin nur mit övnp, rad und gern auch zu fuß unterwegs. ich komme aus einer westdeutschen großstadt, lebe jetzt in berlin und davor einige jahre in potsdam. tatsächlich fahren die brandenburger nach meiner erfahrung noch einen gewaltigen zacken aggressiver als die berlinerInnen, die auch nicht ohne sind. auf fußgänger und radfahrerinnen wird null rücksicht genommen, ich bin viele male nur knapp davongekommen.

     

    fahren sie doch mal zum potsdamer hauptbahnhof. vor dem dortigen zob steht ein denkmal für die toten, von autofahrern umgenieteten kinder in brandenburg. die leute da lassen ihren frust, ihren hass, ihre ganze heiße wut beim autofahren raus - ohne rücksicht auf verluste!

  • SZ
    Sascha Z.

    @ Taz-Leser: also ich kenne die Bezeichnungen und Erfahrungen. Meine Eltern nutzen diese doch des öfteren, für vor allem AutofahrerInnen aus Potsdam! :-)

     

    Und Leute die gleich alles mit der Bild-Zeitung vergleichen gehen einem langsam echt auf'n KEKS!

  • R
    Rolf

    Die Angaben zu den Kennzeichen bedürfen der Ergänzung bzw. Korrektur:

     

    TF: Todesfahrer

     

    LDS: Lauter Dumme Schweine

     

    MOL: Menschen Ohne Lebenserwartung

     

    HVL: Hirntoter Vom Lande

     

    PM: Post Mortem

     

    SPN: Sie Pennen Nur

  • D
    Dirk

    @ Schattenfels und Taz-Leser:

    Brandenburg ist ja nicht das einzige Flächenland in Deutschland. Und deutschlandweit auf dem ersten Platz zu sein bei den Verkehrsdelikten ist schon beachtlich bzw. erschreckend. Dabei werden viele Verkehrsdelikte der AutofahrerInnen ja gar nicht gezählt. Siehe den Beitrag "Polizeiliche Geschwindigkeitsmessungen" in der Zeitschrift Alternative Kommunalpolitik: http://www.basis.gruene.de/akp-redaktion/2010/Inhalt_310.pdf

  • T
    Taz-Leser

    Der Artikel hat fast schon Bild-Niveau. Vollkommen bescheuert von Brandenburger und Berliner zu reden. Denken Sie etwa wirklich die sind wesentlich anders oder fahren anders Auto?

    Sie haben die Statistik zwar nicht erstellt, aber es ist vollkommen sinnfrei Verkehrsdelikte pro Einwohner zu beziffern, da Personen wie Kinder eh kein Auto fahren und viele kein Auto besitzen. Viel sinnvoller wäre wahrscheinlich Verkehrsdelikte pro angemeldete Pkws. Statt nur wie alle anderen Klatschmagazine Klischees zu erschaffen, könnte man mal nach den Hintergründen fragen.

     

    Der Focus schrieb 2006 "Statt sich morgens ins eigene Auto zu schwingen, nimmt der Berliner lieber in der S- oder U-Bahn Platz", da in diesem Jahr in Berlin die wenigsten Autos gekauft wurden. Weniger Autos führen logischerweise zu weniger Unfällen. Vll. ist dem Autor ja auch schon aufgefallen, dass Brandenburg kein ausgebautes U-Bahn-Netz besitzt und der ÖPNV in Berlin um weiten besser ist als in Brandenburg. In Brandenburg ist man oftmals quasi gezwungen, dass Auto zu nehmen.

     

    Und "Kein anderes ostdeutsches Bundesland weist mehr Autobahn- und Bundesstraßenkilometer wie Brandenburg auf" (Tagesspiegel), während Berlin eine Stadt ist und in einer Touristenumfragunge wurde der schlechte Straßenzustand "als größtes Ärgernis in Brandenburg genannt". Man kann sich sicher vorstellen, dass mehr Autos auf schlechten Straßen und auf Straßen, auf denen man schnell fahren kann, mehr Unfälle passieren als in einer Stadt mit ausgebauten ÖPNV, wo man oftmals eh nur 50 fahren darf.

  • S
    Schattenfels

    Interessanter wäre die Statistik Unfälle pro Autofahrer und nicht pro Einwohner... Dann wüsste man, wer wirklich besser fährt.