Fahrradparkhaus am Ostkreuz: Hauptsache, es passiert etwas
Am Ostkreuz, wo die Räder kreuz und quer stehen, soll ein Fahrradparkhaus entstehen. Leider soll es erst 2028 fertig werden. Das Problem: die Bürokratie.
Am Ostkreuz soll ein Fahrradparkhaus entstehen. Das ist eine fortschrittliche Idee, die zur Mobilitätswende beiträgt. Denn: eine sichere Abstellmöglichkeit an Verkehrsknotenpunkten ermöglicht den Umstieg in andere Verkehrsmittel, wie zum Beispiel den ÖPNV. So kann auch der Ausflug ins Grüne ohne Auto gelingen.
Doch leider ist unsere Verwaltung sehr – sagen wir – gründlich. Das Parkhaus, das eigentlich schon seit 2019 eine Machbarkeitsstudie erfolgreich durchlaufen hat, wird nach Aussage von GB infraVelo GmbH erst 2028 fertiggestellt sein. Das ist keine Verschleppung, sondern der normale Vorgang für ein solches Projekt.
Der Dienstleister für das Land Berlin hat bereits Bodenproben entnommen, um den Standort auf Eignung zu überprüfen. Außerdem hat infraVelo ermittelt, dass es eine große Diskrepanz zwischen vorhandenen und benötigten Fahrradstellplätzen gibt. Demnach werden etwa 2.000 Stellplätze gebraucht und nur wenige hundert sind derzeit nutzbar.
Das Fehlen von Stellplätzen bestätigt auch ein Radfahrer am Ostkreuz, der sein Rad notgedrungen an einer Fahrbahnabsperrung in der Nähe des Bahnhofs ankettet. „Ich wäre auch mit weniger aufwändigen Lösungen wie zum Beispiel Fahrradbügeln zufrieden“, meint er, „Hauptsache, es passiert endlich etwas.“
Schon drei mal beklaut
Am Ostkreuz ist es vor allem eines: wild. Die Räder stehen kreuz und quer, jede verfügbare Anschließmöglichkeit ist besetzt. Viele, die ihre Fahrräder hier abstellen, würden ein Parkhaus nutzen.
Eine junge Frau gibt an, dass ihr Rad schon drei Mal am Ostkreuz gestohlen worden sei. „Dort drüben“, berichtet sie und deutet in Richtung Wasserturm am Ostkreuz, „dort gab es bereits Fahrradbügel, die nach drei Monaten wieder abmontiert wurden. Ich verstehe das nicht“, sagt sie kopfschüttelnd.
Für jeden einzelnen und noch so winzigen Schritt für die Planung des Fahrradparkhauses sind Monate angesetzt – oder Jahre. Im Juni dieses Jahres wurde ein sogenanntes Bedarfsprogramm eingereicht. Erst nach der Genehmigung sollen weitere Schritte Ende 2023 folgen. Es ist ein bürokratischer Wahnsinn, der insgesamt zehn Jahre dauern soll.
Politisch wäre Berlin gern Vorreiter, was den Ausbau der Stadt zu einer Fahrradhauptstadt angeht. Die überbordende Bürokratisierung ist allerdings ein großes Hemmnis für die Umsetzung dieser Idee. Das geht bei allem Verständnis für die deutsche Gründlichkeit an der Realität und der Dringlichkeit, handeln zu müssen, vorbei.
Wenn Berlin die Verkehrswende möchte, kann es sich dieses Vorgehen nicht leisten. Die Stadt, die sonst durchaus auf Zack sein kann, braucht schnellere Lösungen, damit sich die Menschen klimaschonend fortbewegen können.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“