Facebook führt bezahlte Einträge ein: Wenn die Freunde unaufmerksam sind
Facebook-Einträge erreichen nur etwa ein Zehntel der Kontakte im sozialen Netzwerk. Wen das stört, kann sich nun Aufmerksamkeit dazukaufen – für zwei Dollar pro Post.

Werden nur an wenige Freunde verteilt: Fotos auf Facebook. Bild: dapd
BERLIN taz | Wenn eine hauseigene Statistik des Internet-Konzerns Facebook stimmt, erreichen im Schnitt nur 12 Prozent der Beiträge, die im Nachrichtenstrom des sozialen Netzwerks auftauchen, auch den eigenen Freundeskreis. Verantwortlich dafür ist der Algorithmus, den der Dienst bei der Verteilung der zahllosen Postings verwendet: Die Software sorgt anhand verschiedener geheimer Variablen dafür, dass nicht jede Gefühlsregung auch im gesamten persönlichen Netzwerk verteilt wird. Außerdem passiert es nicht selten, dass Neuigkeiten einfach durchrutschen, weil sie überlesen werden oder die Freunde schlicht offline waren. Dann werden wieder andere, neuere Beiträge nach oben gespült.
Wer sich mit der Tatsache, potenziell ignoriert zu werden, gar nicht anfreunden kann, dem will Facebook gegen Bezahlung künftig helfen. Wie der neuseeländische IT-Nachrichtendienst Stuff meldet, führt der kurz vor seinem Börsengang stehende Netzwerk-Konzern derzeit in der englischsprachigen Welt einen Test durch, der sich „Highlight an Important Post“ nennt. „Stelle sicher, dass Deine Freunde dies sehen“, heißt es dazu werbend.
Die Idee: Jede Status-Mitteilung kann per „Highlight“ speziell markiert werden. Das bedeutet nicht, dass solche Postings in einer eigenen Farbe oder in einer besonderen Größe dargestellt werden, wie „Stuff“ zunächst meldete. Stattdessen will Facebook so garantieren, dass die Botschaft tatsächlich beim Freundeskreis ankommt, also nicht zu den 88 Prozent der ignorierten Einträge gehört.
Kostenlos ist der Spaß allerdings nicht: Im aktuellen Test, der nur bei einem Bruchteil der knapp 900 Millionen Nutzer weltweit sichtbar gewesen sein soll, verlangt Facebook satte zwei US-Dollar für die Markierung. Zahlbar ist das Ganze bequem über den Bezahldienst PayPal oder mit jeder handelsüblichen Kreditkarte.
„Dauernd neue Funktionen“
Eine Begrenzung, wie oft man die „Highlight“-Funktion nutzen darf, gibt es laut einem Bericht des Technik-Blogs TechCrunch derzeit nicht. Die Seite fürchtet deshalb, dass die Funktion von Menschen missbraucht werden könnte, die über genügend Geld zur Pflege des persönlichen Narzissmus verfügen. Facebook selbst gab nur zu Protokoll, dass man „dauernd neue Funktionen“ innerhalb des gesamten Angebotes teste. „Dieser spezielle Test dient einfach nur der Überprüfung, ob die Leute ein Interesse an dieser Methode des Teilens mit ihren Freunden haben.“
Trotzdem kann „Highlight“ als eine der bislang aggressivsten Versuche gelten, mit Facebook-Nutzern direkt Geld zu verdienen. Bislang rühmt sich das soziale Netzwerk nämlich noch damit, dass der Grunddienst für User „immer kostenlos“ bleiben werde – und genau dazu gehört eben auch die Möglichkeit, wichtige Informationen mit dem eigenen Freundeskreis zu teilen. Geld will Facebook stets mit anderen Dingen – vor allem mit personalisierter Werbung – verdienen, wie sich auch aus dem aktuellen interaktiven Börsenprospekt erschließen lässt.
Natürlich kann man auch jetzt schon Werbung für die eigene Facebook-Präsenz unter Facebook-Nutzern betreiben. Dazu nutzt man den gleichen Werbedienst, der auch Firmen und Großkonzernen, die auf Facebook Reklame schalten wollen, zur Verfügung steht. Einzelne Freundesgruppen sind darüber bislang aber nur teilweise ansprechbar, „Freunde von Fans“ beispielsweise.
Ansonsten legt man hier dann beispielsweise die Altersgruppe fest oder kann wählen, ob sich eine Person in einer Beziehung befindet, aus einer bestimmten Region kommt oder bestimmte Dinge mag. Solche Anzeigen sind allerdings relativ deutlich von restlichen Inhalten getrennt, auch wenn Facebook über sogenannte „Sponsored Stories“ mittlerweile Reklame und Äußerungen von Freunden zu verbinden versucht.
Leser*innenkommentare
Felix
Gast
das ist mal ein kleiner Vorgeschmack:
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* Highlightet Beitrag: *
* guten Morgen Freunde *
* ich sitze hier gerade bei einer guten *
* Tasse Kaffee *
* nacher muss ich noch aufs Klo *
* und dann ist auch schon Mittag *
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Aber im Ernst gibt es Facebook noch? Ich habe die nervigen Mails irgendwann per Filter direkt in den Papierkorb umgeleitet.
Die Leute mit denen ich gut befreundet sind, sehe ich sowieso fast jeden Tag und ihre Telefonnummern weiß ich auswendig!
Holkan
Gast
Super Idee!! Man mag von facebook halten, was man will, ich liebe Zuckerberg dafür, dass er sich das Geld von den Dummen holt! Ein moderner Robin Hood: Nimm es von den Idioten und stecke es selber ein! Zum Dank dafür werde ich heute mal auf mein Facebookprofil gehen.
Hörnchen
Gast
Habe ich das richtig verstanden: Man soll zahlen für eine Leistung, die in einem sozialen Netzwerk üblich und grundlegend ist und geradezu den Charakter eines soz. Netzwerks ausmacht?
Damit meine Nachrichten von meinen Freunden gesehen werden zahlen?
Das erscheint mir perfide und frech!
Dann könnten Supermärkte ja auch eine Bodengebühr einführen, damit der Gang durch den Markt AUCH NOCH vergütet wird, um Waren zu kaufen, deren Gewinn ja ebenfalls in die Kassen fließt.
Dann lieber kein FB!
Jörn
Gast
Damit vermischt sich endgültig privates und Werbung. Sucht jemand einen Job oder bietet einen an oder veranstaltet eine kostenpflichtige Party etc. kann man den eigenen Freundeskreis nachdrücklicher darauf hinweisen. Auch für Multilevel-Marketing (Schneeballsystem) mag das ganze interessant sein.
Mit meinen Freunden würde ich dann allerdings umziehen in eine Online-Welt, in der alle meine Nachrichten ankommen und meine Freunde entscheiden, was sie lesen wollen. Werbung als Portlet am Rand ist ok - wenn aber die Kommunikation zwischen den Freunden durch Werbung und kommerzielle Posts geprägt ist, hört es auf. Die meisten Foren ausserhalb von Facebooks schliessen kommerzielle Posts rigeros aus, denn sie wissen, dass eine Überflutung mit kommerziellen Beiträgen das Forum uninteressant machen würde. Facebook wird es da nicht anders gehen.
profilbild
Gast
Wer aber von dem ganzen nervigen Gelaber der "Freunde" schon genervt ist, für den kommt demnächst die Leave-me-alone-Funktion auf den Markt. Für 99$ kann man sich von Facebook "freikaufen", Profil und Daten werden nach Zahlung gelöscht. Wann das in Deutschland kommt, ist aber noch nicht klar.
diemann
Gast
dadurch entwickelt sich facebook doch noch mehr zu einer reinen werbeplattform. wenn einem ohne jede zustimmung bestimme informationen oder highlights aufgezwängt werden, rücken die normalen posts doch automatsich in den hintergrund. das heißt im endeffekt ich sehe nur noch die bezahlten highlight-posts, die sich dann bestimmt nur noch aus werbungen und veranstaltungen zusammensetzen. still not lovin' facebook
Banjo Hansen
Gast
Flogging a dead horse
Wolfgang Schreiner
Gast
Facebook ist
die Idee, ein Warenhaus um deine Freunde herum aufzubauen. Für das du selbst kostenlos als Aufreißer arbeitest: Es ist schon lange an der Zeit, daß Facebook diese Belegschaft auch bezahlt. -Und nicht so tut, als hätte man Eintrittsgeld gespart, in den Supermarkt, der so tut, als sei er ein Beichtstuhl....
ws
Wolfgang Schreiner
Gast
Facebook ist
die Idee, ein Warenhaus um deine Freunde herum aufzubauen. Für das du selbst kostenlos als Aufreißer arbeitest: Es ist schon lange an der Zeit, daß Facebook diese Belegschaft auch bezahlt. -Und nicht so tut, als hätte man Eintrittsgeld gespart, in den Supermarkt, der so tut, als sei er ein Beichtstuhl....
ws
Tyrone
Gast
@ woschtfett:
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schreiber
Gast
"Die Software sorgt anhand verschiedener geheimer Variablen dafür, dass nicht jede Gefühlsregung auch im gesamten persönlichen Netzwerk verteilt wird."
das ist ein echter #fail von facebook. so hab ich schon ne party verpasst. nervt total und spricht nicht grade für deren denke. nun weiß man ja warum der mist eingeführt wurde ... kohle.
josua1
Gast
2$ sind viel zu viel! eigentlich müsste es umsonst sein, dafür aber limitiert pro monat oder so.
woschtfett
Gast
...2$ sind eindeutig zu wenig....wer's dermaßen nötig hat sollte bedeutend tiefer in den Geldbeutel greifen müssen (°_^)