Facebook arbeitet mit Rabattkartenfirma: Im Netz der Marktforschung
Der Internetkonzern hat Probleme, seine Kunden davon zu überzeugen, dass sich Werbung lohnt. In den USA werden deswegen Offline-Käuferdaten ausgewertet.
Das soziale Netzwerk Facebook arbeitet in den USA mit dem Rabattkartenauswerter Datalogix zusammen, um die Effektivität geschalteter Anzeigen in der Offline-Welt zu messen. Ein entsprechender Bericht, den die Financial Times in der vergangenen Woche brachte, wurde von Facebook Deutschland sowie Datalogix gegenüber taz.de mittlerweile bestätigt. Bei dem Deal geht es darum, Werbekunden davon zu überzeugen, dass sich Anzeigen bei dem Dienst überhaupt lohnen.
Dazu sollen Käufe, die mit Rabattkarten, die Datalogix auswerten kann, durchgeführt wurden, mit betrachteter Werbung bei Facebook korrelieren. So will das Unternehmen beweisen, dass ein Nutzer, der eine Reklame in dem sozialen Netzwerk gesehen hat, später auch kauft.
Facebook hat in bestimmten Industrien Probleme, Unternehmen zum Schalten von Anzeigen zu bewegen. Während sich im Online-Bereich recht einfach nachweisen lässt, dass eine Kampagne bei dem sozailen Netzwek dazu führte, dass etwa ein E-Commerce-Kauf ausgelöst wurde, funktioniert das in der Offline-Welt kaum.
So hatte der US-Autokonzern General Motors kurz vor dem Facebook-Börsengang angekündigt, seine dortigen Werbeausgaben im Millionenbereich zurückzufahren – warum genau, sagte er allerdings nicht. Facebook steht unter Zugzwang: Das Unternehmen muss seine Umsätze besonders mit der stark wachsenden mobilen Werbung erhöhen, um seinen seit Börsengang fast halbierten Aktienkurs zu stützen.
Normale Marktvorschung
Der Datalogix-Deal wird von Facebook selbst als normale Marktforschung bezeichnet, bei der keine Daten fließen, die einzelne Personen identifizieren. Das ist laut den vorliegenden Informationen auch so – trotzdem dürften Nutzer einmal mehr mit dem Kopf schütteln, was alles mit ihren Daten möglich ist.
Um das Offline-Werbetracking umzusetzen, wird zunächst eine Liste mit Menschen gebildet, die beispielsweise eine Waschmittelreklame auf Facebook gesehen haben. Von diesen werden identifizierende Merkmale wie Telefonnummern oder E-Mail-Adressen genutzt um sogenannte Hash-Werte zu bilden – Zahlenkombinationen, die zwar eindeutig aus den Urdaten generiert wurden, sich in diese aber nicht mehr zurückverwandeln lassen.
Datalogix erstellt ebenfalls eine solche Liste, weil die Firma über die Rabattkartendaten weiß, wer das Waschmittel gekauft hat – auch hier werden Hash-Werte von identifizierbaren Informationen angelegt. Anschließend erfolgt ein Abgleich beider Werte. Facebook kann dann sagen, dass eine bestimmte Anzahl Personen, die die Waschmittelwerbung sahen, auch ein Paket erworben haben – statistisch übertragen auf die Gesamtbevölkerung, die nicht immer mit Rabattkarten kauft.
Dass Rabattkartenanbieter Statistiken erstellen, welche Einkäufe erfolgten, ist ein Standardprozedere – darum geht es bei den Angeboten letztlich. In den USA gehen die Unternehmen dabei offensichtlich aggressiver vor und können persönlich identifizierbare Daten über längere Zeiträume mit Einkäufen abgleichen. Trotzdem betont man bei Facebook, dass weder das soziale Netzwerk noch die Werbetreibenden erfahren, wer was gekauft hat.
Rechtliche Regeln in Deutschland
Der nicht zurückverwandelbare Hash-Wert soll das sicherstellen, auch wenn es durchaus schon vor kam, dass ältere Hash-Funktionen erfolgreich angegriffen wurden. Datenschützern wird bei dem Projekt jedenfalls mulmig, selbst wenn Facebook davon spricht, es handele sich um eine „Standardpraxis“ in der Marketingindustrie. Die Kombination aus Rabattkartendaten und den enormen Informationsmengen, die Facebook-Nutzer bei dem sozialen Netzwerk hinterlassen, sorgt für Stirnrunzeln.
„In Deutschland stünden dem rechtliche Regeln entgegen, wenn tatsächlich ein personifiziertes Matching erfolgt“, sagt der Schleswig-Holsteinische Landesbeauftragte für den Datenschutz, Thilo Weichert, zu taz.de. „Ich habe die große Befürchtung und einige Hinweise darauf, dass Online- und Offline-Profile immer mehr miteinander verschmolzen werden.“
Weichert glaubt aber nicht, dass sich das Projekt 1:1 auf Deutschland übertragen lässt. „Die Nutzung von Kundenbindungssystemdaten in Deutschland für solche Zwecke wäre nur mit der expliziten Einwilligung möglich. Und solche Einwilligungen würden Anbieter in Deutschland von den Verbrauchern sicherlich nicht bekommen.“ Facebook selbst wollte sich zur Frage, ob solche Marktforschungsprojekte auch hierzulande geplant sind, nicht äußern.
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