piwik no script img

Archiv-Artikel

FÜR MELANCHOLIKER Nicht bei Stimme

Nils Schuhmacher

Kritiker haben hier und da angemerkt, dass die japanischen Mono sich allenfalls in homöopathischen Dosen von anderen Vertretern ihres Genres abheben. Wer „Postrock“ mag, findet sie also vielleicht nicht schlecht und nicht langweilig, aber unoriginell. Zumindest nicht origineller als beispielsweise Mogwai oder – noch treffender – Godspeed You! Black Emperor, mit denen sie den Verzicht auf den Einsatz von Gesang teilen.

Nun stellt sich die Frage, ob dieser Postrock heute noch von Originalität lebt oder eher davon, dass es den Vortragenden eindrucksvoll gelingt, eine einlullende Atmosphäre zu erzeugen. Aus dem esoterischen Plätschern und Pluckern und Wabern formen sie dann eine große Soundwelle, die schließlich über elektrisiert dastehenden Melancholikern und Klangkunstfreunden zusammenbricht.

Ist es so, dann lässt sich sagen: Mit ungefähr dieser Verlässlichkeit gestaltet die aus Tokio stammende Band seit 15 Jahren ihre mittlerweile acht Alben. Dabei zeigen sie stets einen Hang zur Lärmwand, an dem deutlich wird, dass auch Sonic Youth ganz gern gemocht werden. Und kritische Stimmen hört bei diesem Lärm sowieso keiner mehr (Mo, 1. 12., 20 Uhr, Hafenklang).

Apropos nicht vorhandene Stimmen: Poppy Ackroyd macht zwar auch Instrumentalmusik, sie hat dazu allerdings einen derart anderen, nämlich nicht „post-rockigen“ Zugang, dass kaum zu befürchten ist, irgendwer würde sie in die Welt der „Klingt wie“-Rezeption verschleppen können.

Die Schottin, manchen bekannt als Teil des Elektronikjazz-Kollektivs Hidden Orchestra, hat wenig bis gar nichts mit popmusikalischen Aufgeregtheiten zu tun und präsentiert auf ihrem Debütalbum mehr den Versuch, klassische Komposition mit Elektronik zu verbinden. Basierend auf einem Klavier, dezent angereichert mit Streichern und noch dezenter mit Rhythmus, schichtet Ackroyd detailverliebt Songs auf, die statt von Dynamik vom Gleichmaß leben – und an denen sich erneut Melancholiker und Klangkunstfreunde gleichermaßen erfreuen können (Sa, 22. 11., 20 Uhr, Golem).