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Archiv-Artikel

FRAU SEINES LEBENS Schwedenkummer

Er träumte von zweisprachigen Kindern

Wir hatten uns ein halbes Jahr nicht gesehen. Jetzt saßen wir im „Schwarzsauer“ und neben uns war ein Tisch voll betrunkener Schweden. Mein Freund war gerade aus Mexiko zurückgekommen, wo er sich mit einem Koreaner ein Apartment geteilt hatte. Eigentlich wollte er mir von Mexiko und dem Koreaner erzählen, aber er konnte ein paar Brocken Schwedisch, weil er einmal eine schwedische Freundin gehabt hatte, und natürlich erinnerte er sich nun an sie.

Er sagte: „Es ist zwei Jahre her, aber es gibt mir immer noch einen Stich, wenn ich Schwedisch höre.“ Sieben Monate hatte er in dem Glauben gelebt, die Frau seines Lebens gefunden zu haben. Wäre es nach ihm gegangen, dann wäre sie die Mutter seiner Kinder geworden. Aber sie hatte ihn verlassen. Er wusste bis heute nicht, warum. Er grübelte auch jetzt wieder darüber nach, ob er irgendetwas Falsches getan oder gesagt hatte, aber er konnte sich an nichts erinnern. An dem Abend, an dem er sie das letzte Mal gesehen hatte, hatten sie grandiosen Sex miteinander gehabt, die Sorte von Sex, die man gerne mit einem religiösen Erlebnis vergleicht. Er schlief danach sehr glücklich ein und träumte von zweisprachigen Kindern. Am nächsten Morgen war sie schon weg, als er aufwachte, aber das war nichts Ungewöhnliches, weil sie immer früh aufstand. Sie war eine Frühaufsteherin und er war ein Langschläfer. Erst ein paar Tage später wurde ihm klar, dass sie ihn verlassen hatte.

Ich sah zu dem Tisch mit den Schweden hinüber, die immer fröhlicher und betrunkener wurden und bei meinen Freund einen tiefsitzenden, schwedischen Liebeskummer auslösten. „Stell dir einfach vor, es wären keine Schweden, sondern Norweger“, entfuhr es mir – doch gleich darauf fiel mir ein, dass seine Verflossene zu einem Kerl nach Oslo gezogen war. Die Skandinavier hatten ihm wirklich ganz schön zugesetzt. DANIEL KLAUS