FRANZ LERCHENMÜLLER ICH MELD MICH : Kafka zum Pils
Er schmeichelt, knattert, gurrt und tobt. Er lässt in Tabor den braven Soldaten Schwejk erzählen, wie er dort mal „wegen der Notbremse in eine kleine Schlamastik gekommen ist und der Oberleitnant einfach weg war“. An der böhmischen Vydra brüllt er gegen das Toben der Strudel an und schildert mit Karel Klostermann, wie früher die Holzknechte ertranken, wenn sie beim Stochern mit ihren Stangen nicht vorsichtig genug waren. In Danzig marschiert er unermüdlich durch die Hinterhöfe, immer im Takt von Oskar Matzeraths Blechtrommel. Und in Brünn legt er jedes Mal Rosen nieder, am Grab seines Hausgottes, des Lyrikers Jan Skácel.
Arthur Schnabl ist Germanist, Komödiant, Vorleser. Und Reiseleiter bei „Begegnung mit Böhmen“. Stets führt er einen Koffer voller Bücher mit sich. Denn Dichter, meint er, seien immer noch die besten Botschafter eines Landstrichs und einer Epoche. So zieht er mit Kafka und Kisch durch Prag, wandert mit Fontane durch Swinemünde und mit Joseph von Eichendorff nach Lubovice. Gern liest er auf Friedhöfen, an Grenzsteinen oder in den Gärten verfallener Herrenhäuser, und als Liebhaber guter großer Biere mit Begeisterung auch in Gasthäusern, die diesen Namen verdienen.
Schatzgräber sind sie alle, er und die anderen fröhlichen Abenteurer dieses Reiseveranstalters (www.boehmen-reisen.de). Schürfen seit fast 25 Jahren in Osteuropa. Suchen nach Landstrichen, die im Westen fast unbekannt sind. Nach menschlichen Schwergewichten, die andere zu begeistern verstehen. Und nach Spuren der Geschichte: der slawischen, habsburgischen, jüdischen …
„A scheene Hetz“, würde Schwejk sagen, ist es jedes Mal mit ihnen: Man kommt kaum voran vor lauter Innehalten. Aber am Ende einer Woche hat man mehr kapiert vom Land und seinen Leuten, als wenn man vier Wochen lang rumgetourt wäre wie üblich.