piwik no script img

FRANKFURT: DIE DEMO DER REICHEN KANN ALLEN AUSBAUGEGNERN NÜTZENProtest de luxe

„O heiliger St. Florian, schon’ unser Haus, zünd’ andre an“ – das hätte das Motto der sehr viel besser Verdienenden des hessischen Landkreises Hochtaunus sein müssen, die am Ostersonntag auf den Großen Feldberg zogen. Es wurde ein Schweigemarsch: Nur Transparente verkündeten den Protest gegen die neuen An- und Abflugrouten rund um den Frankfurter Rhein-Main-Flughafen. Die dann doch noch laut und vor laufenden Fernsehkameras vorgetragene Forderung: So still wie an diesem Sonntag soll es im Taunus immer bleiben. Der Fluglärm soll dort bleiben, wo er schon ist: über den Städten und Gemeinden, aus denen die Protestierenden auf dem Feldberg wegen unerträglicher (Lärm-)Verhältnisse einst in die stillen Täler des Taunus oder in die schnuckeligen Weinstädtchen im Rheingau geflohen waren.

Dort wurden die sehr viel besser Verdienenden Nachbarn der extrem viel besser verdienenden Vorstandsmitglieder diverser Konzerne der Region. Die jedoch sind durchweg für den Ausbau von Rhein-Main. Zudem wählen in dieser Gegend sehr viel mehr Menschen als anderswo FDP. Und manchmal auch CDU. Deren Ministerpräsident Roland Koch lebt ebenfalls im Vordertaunus. Fluglärm aus Lautsprechern vor seinem Anwesen – ein Event von Ausbaugegnern aus der „Proletenstadt“ Rüsselsheim – ließ er im vorigen Jahr von der Polizei unterbinden. Jetzt kommt der echte.

Ist also Schadenfreude angesagt – darüber, dass der Fluglärm jetzt auch dorthin kommt, wo die Bosse und Politiker wohnen, die den Flughafenausbau initiieren und die an ihm verdienen? Mitnichten. Dass sich jetzt auch dort Widerstand regt, sollte ein Zeichen der Ermutigung für alle Ausbaugegner sein. Allerdings nur dann, wenn sich die neue Protestbewegung zukünftig am Kampf der Bürgerinitiativen gegen den Flughafenausbau generell, für ein Nachtflugverbot und für leisere Flugzeuge beteiligt. Der hl. St. Florian ist nämlich, bezogen auf Flughafenausbauten, nur ein Scheinheiliger. Und da ist noch eine Frage: Was ist eigentlich aus dem Lärmschutzentwurf der rot-grünen Bundesregierung geworden? KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen