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Archiv-Artikel

FEMINISTISCHES TROLLEN: MAL WIEDER PROVOZIERT. MAL WIEDER MISSVERSTANDEN Diese Kackscheiße endet hier

JULIA SEELIGER

Trollen ist anstrengend. Zum Beispiel das feministische Trollen, meine Spezialität. Man wird davon mitgerissen, wenn man nicht genau aufpasst. Man muss sich abgrenzen.

„Finde ich übrigens gut, dass du einen Workshop zur Beleidigungskultur machst“, sagt mir ein Freund. Ich bin verwirrt. Hat er mich soeben getrollt? Nein, sagt er. Ich verstehe ihn nicht. Oder doch. So geht Trollen: Mit Verwirrung. Doppelsinn. Unklarem Kontext. „Ich finde es gut, dass du den Feministinnen, die die Gesprächskultur ruinieren, mal deutlich entgegentrittst“, setzt der Freund hinzu. Er hat’s also verstanden. Zumindest die eine Hälfte des Workshops. Puh, ich bin erleichtert.

Aber so schwer ist das ja eigentlich auch nicht zu verstehen. Wenn man verstehen will.

Noch knapp drei Wochen sind es bis zu meinem Workshop „Sexuelle Beziehungen in Phantasie und Praxis – Vergewaltigung, eine Übung“. Beim Kongress des Chaos Computer Clubs wird er stattfinden, und ich denke, das ist für die Nerds, Hipster und Schmerzensmänner mal ’ne gute Gelegenheit, ihr Reden und Handeln in sexuellen Beziehungen zu hinterfragen. Aber eben auch für die Feministinnen mit der Beleidigungskultur. Diejenigen, die mit Begriffen wie „rape culture“ und „sexistische Kackscheiße“ um sich werfen, ohne konkret zu werden. Das ist oberflächlich, dogmatisch und schädlich und muss endlich aufhören. Diese Kackscheiße endet hier.

Der Workshoptitel wurde von einigen missverstanden, sie dachten doch tatsächlich, da gebe es praktische Übungen im Vergewaltigen. Es wird rumgehasst. Manche machen Stimmung gegen den Workshop, ja sogar Freunde von mir. Vermeintliche Freunde. Habe ich die zu doll provoziert – oder war es richtig, sie zu provozieren, damit sie mal ihr wahres Gesicht zeigen?

Sei’s drum. Dann eben wieder paar Freunde weniger. Im Internet gibt’s ja genug neue. Und es sind noch genug alte da, auch welche, die meinen Workshop mögen. Und es wurde schon jetzt viel diskutiert und organisiert: Für den Kongress gibt es nun eine Art „Antikonfliktteam“, das ist doch nicht schlecht. Das kann Konflikte lösen und bei Übergriffen einschreiten oder zumindest danach auffangen. Und Übergriffe gibt es überall, auch beim Kongress des Chaos Computer Clubs.

DIE FÜNFTAGEVORSCHAU | KOLUMNE@TAZ.DE

Mittwoch

Margarete Stokowski

Luft und Liebe

Donnerstag

Josef Winkler

Wortklauberei

Freitag

Jürn Kruse

Fernsehen

Montag

Maik Söhler

Darum

Dienstag

Deniz Yücel

Besser

So ein Team hätte es also eh schon immer geben sollen – ich bin zufrieden mit dem Workshop-Vorlauf-Verlauf. In meinem Blog habe ich nun eine Recherche begonnen, und da sind einige gute Buchtipps eingegangen. Natürlich kamen auch trollende Kommentare, von einem Macker und auch von einer Person, die sich auf den Kackscheißefeminismus bezog.

Zum Schluss noch: Muss beides geben: den Frauenraum – und einen weiteren Diskursraum, in dem sich alle treffen. Man muss beides gleichzeitig denken können: den Frauenraum und offenen Raum. Das eine und das andere gleichzeitig sein. Miteinander reden, permanent – das ist das Motto für den trollfeministischen Workshop. Und nicht etwa „Vergewaltigen für alle“. Was für ein Unsinn, so etwas zu denken.