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FDP irritiert Union mit KoalitionsspielenRot-Gelb sieht auch schön aus

Die FDP will sich nicht länger "an einen Koalitionspartner ketten" - und erwägt offen Bündnisse mit der SPD. Das irritiert die CDU. Das wiederum irritiert FDP-Frau Leutheusser-Schnarrenberger.

Noch Plätze frei: Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger könnte sich nicht nur CDU-Mann de Maizière an ihrer Seite vorstellen - rein politisch natürlich. Bild: dapd

BERLIN dpa/afp | Nach Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat auch der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Christian Ahrendt, seine Partei aufgefordert, neue Bündnisse zu erwägen. Dem Hamburger Abendblatt sagte Ahrendt: "Es macht keinen Sinn mehr, wenn sich die FDP ausschließlich an einen Koalitionspartner kettet. Es sollte für uns Liberale eine Selbstverständlichkeit sein, mehrere Koalitionsmodelle in Betracht zu ziehen."

Ahrendt kritisierte die bisherige Zusammenarbeit mit der Union scharf: "Wir konnten in den zwei Jahren Koalition mit der Union nicht das umsetzen, wofür wir gewählt wurden. Wir dachten, wir würden unsere Reformvorhaben mit der Union verwirklichen, und sind dabei in eine Falle gelaufen."

Wenn man sehe, wie konsequent die Koalition die Energiewende vorantreibe, dann frage er sich, warum sie diese Kraft nicht auch für eine echte Gesundheitsreform und eine nachhaltige Steuerreform habe. Über den Koalitionspartner sagte Ahrendt: "CDU und CSU sind nicht die reformorientierten Kräfte, für die wir sie gehalten haben."

"Alter Wein in neuen Schläuchen"

Der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises in der SPD, Johannes Kahrs, empfahl der FDP einen Kurswechsel. "Bevor wir über Koalitionen mit der FDP reden, muss sich die FDP radikal verändern", sagte Kahrs der Zeitung. Kahrs betonte, dass es außer der Justizministerin in der FDP keine Sozialliberalen mehr gebe. Der Seeheimer-Sprecher zeigte sich enttäuscht über die inhaltliche Ausrichtung der neuen FDP-Spitze. "Auch die neue Führung bleibt auf dem neoliberalen Westerwelle-Kurs. Wer dachte, die jungen Kräfte um Philipp Rösler würden die FDP verändern, hat sich getäuscht", so Kahrs. "Die neuen Steuersenkungsforderungen zeigen es: alter Wein in neuen Schläuchen."

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe wiederum hat sich irritiert über die Koalitionsüberlegungen der stellvertretenden FDP-Vorsitzenden Sabine Leutheusser-Schnarrenberger geäußert. "Unsere Aufgabe ist klar: Gemeinsam hart arbeiten für unser Land und den Erfolg dieser Koalition. Das ist jetzt angesagt - und nicht theoretische Koalitionsüberlegungen", sagte Gröhe der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Zugleich verwies Gröhe auf das Bekenntnis der Bundesjustizministerin zur Koalitionstreue. "Frau Leutheusser-Schnarrenberger hat sich eindeutig zur christlich-liberalen Koalition bekannt", sagte er.

Die FDP-Ministerin verteidigte die Forderung, ihre Partei dürfe sich nicht einseitig an der Union ausrichten. "Es ist normal, dass die FDP die Veränderungen im Parteiensystem beobachtet und daraus Schlussfolgerungen zieht", sagte sie Spiegel Online. Auch andere Parteien analysierten mit einer gewissen Aufgeschlossenheit, wo es Übereinstimmungen gebe. "Was ist daran so aufregend?", fragte sie.

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5 Kommentare

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  • N
    noevil

    Hat die SPD vergessen, was die FDP 1982 unter dem damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt gemacht hat, wenn die diese Partei schon wieder "anschmusen" lässt? Der dumme vergessliche Wähler hat es nicht vergessen. Über eines muss man sich angesichts solcher Überlegungen klar sein, nämlich dass von den hehren moralischen Grundsätzen, die einst den Charme dieser Partei ausmachten und ihre Schwachstellen verzeihlich machten, heute nur vor den Wahlen noch ein paar kümmerliche Reste erkennbar sind.

     

    Wer glaubt, mit dem Kreuzchen an der gewünschten Stelle bereits zur anvisierten Klientel zu gehören, der irrt.

  • S
    Slobo

    Nach dem Sturz von Westerwelle hat sich wirklich nichts verändert - die neuen Steuersenkunspläne unterstreichen das. Diese Partei ist nicht lernfähig.

     

    Erst Steuersenkungen - jetzt Koalitionsdebaten. Es sieht im irgendwie so aus, als wäre die FDP schon mitten im Wahlkampf für die nächste Wahl?!!

  • D
    devialnt

    "CDU und CSU sind nicht die reformorientierten Kräfte, für die wir sie gehalten haben."

     

    Mit anderen Worten: "Wir sind Riesenvollidioten, die "konservativ" für "progressiv" halten."

  • P
    plentscher

    Es ist nicht ganz falsch, die Justizministerin als vorläufig letzte ihrer Spezies anzusehen. Alle, die ähnlich bürgerrechtlich dachten und nach ihr kamen, sind gleich von den Grünen absorbiert worden.

    In der SPD gibt es keine wirklichen Spielräume für fortschrittliche Politik - das beweist der anachronistische Seeheimer Kreis immer wieder aufs Neue, eine Art CSU-Plattform in der SPD.

  • BP
    BRUNO (NICHT PROBLEM BÄR)

    Das zeigt es sich mal wieder, die FDP ist und wird ein Auslaufmodell werden, und hoffendlich dann auch bleiben.

     

    Es gibt schon genug Schwarze Parteien, da bedarf es dann auch keinen Gelben Anstriches mehr. :-)