FC Bayern suspendiert Oliver Kahn: Der Titan ist tot
Der Torwart, der seine neuen Mitspieler aus Italien und Frankreich massiv kritisiert hatte, darf nicht mitmachen am Samstag beim Bundesligaspiel in Berlin.
BERLIN taz Oliver Kahn darf nicht mehr mitspielen. Der FC Bayern hat seinen Torhüter für das letzte Spiel der Bundesligahinrunde am Samstag bei Hertha BSC suspendiert. Gründe hat der Klub nicht genannt. Zudem muss der Torhüter, der ja immer noch auch Kapitän seiner Mannschaft ist, aus disziplinarischen Gründen, 25.000 Euro Strafe an den Klub zahlen. Es war sein Trainer Ottmar Hitzfeld, der die Summe festgelegt hat. Der hat damit gezeigt, dass er nicht gewillt ist, die Rolle des hilflosen Zuschauers auf der Trainerbank zu geben, die ihm nach den letzten Darbietungen der Bayern zugeschrieben worden war.
Zu Wochenbeginn, nach jenem grausamen 0:0 im Heimspiel gegen den MSV Duisburg, war im Sportmagazin Kicker zu lesen, was Oliver Kahn von Spielern wie Franck Ribéry und Luca Toni erwartet, dass spielen alleine nicht reiche, dass man auch kämpfen müsse. Es war ein typischer Kahn, der sich da der Öffentlichkeit präsentierte. "Da muss sich der eine oder andere noch zurechtfinden, dass hier zwei, drei gute Spiele nicht reichen. Bayern ist nicht Marseille oder Florenz, sondern wie Milan, Real, Barca, ManU." Das hat gesessen. Für die Verantwortlichen beim FC Bayern war es wohl zu viel des Guten. Jetzt haben sie reagiert. Und dies überaus deutlich.
Damit zeigt das Management der Bayern, dass es in der Tat gewillt ist, sich in Europa neu aufzustellen. Der Kapitän der Mannschaft ist nicht mehr als ein regionaler Superstar, einer von rein deutscher Klasse. Seine Zeit als Weltfußballer zwischen den Pfosten liegt eine gute Weile zurück. Die Klubführung will es offenbar nicht dulden, dass ein Oliver Kahn über die internationalen Stars urteilt, die die Bayern so teuer erworben haben. Der Titan, als der er während der Weltmeisterschaft 2002 bis zum Finale gefeiert worden war, ist schon lange vor der Suspendierung für das Ligaspiel bei Hertha in München zu einem Lokalmatadoren verkommen. Einem solchen steht es nicht zu, schlecht über die zu reden, die dem FC Bayern schon allein durch ihre Verpflichtung zu neuem, auch ungewohntem Glanz verholfen haben. Der neue FC Bayern scheint sich nichts gefallen zu lassen.
Das hat auch Oliver Kahn gemerkt. Brav und einsichtig gab er sich, als er vor dem Nachmittagstraining an der Säbener Straße über seine Suspendierung sprach. "Ich werde mich in Zukunft mit öffentlichen Äußerungen zurückhalten", sagte er und versuchte zu erklären, dass seine Einlassungen im Kicker eigentlich gar nicht so schlimm gewesen seien: "Ich habe das gar nicht so negativ gemeint." Die Strafe akzeptiert er trotzdem. Auch mit dem Trainer hat er gesprochen und alles geklärt. Dann kommt wieder ein typischer Kahn: "Disziplin ist oberstes Gebot." Oliver Kahn will sich brav einreihen in die Bayernmannschaft. Und gegen Aris Saloniki, wenn es am Mittwoch nächster Woche um den Einzug in die nächste Uefa-Pokal-Runde geht, will er wieder zwischen den Pfosten stehen. Als ganz normaler Torwart - ein Titan ist er schon lange nicht mehr.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Christian Lindner
Die libertären Posterboys
Außenministerin zu Besuch in China
Auf unmöglicher Mission in Peking
Olaf Scholz’ erfolglose Ukrainepolitik
Friedenskanzler? Wäre schön gewesen!
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP