FATAH-BEWEGUNG WILL SPALTUNG VOR PALÄSTINA-WAHL ÜBERWINDEN : Einsicht in die Notwendigkeit
Es geht um die Macht, die Demokratie und einen guten Deal. Wenn der palästinensische Präsident Mahmud Abbas heute der Fatah eine Einheitsliste für die Parlamentswahl am 25. Januar vorlegt, dann dürfte er damit der eigenen Bewegung noch einmal die Regierungsgewalt in der Autonomiebehörde gesichert haben. 45 Prozent der Stimmen sagen Umfragen der Einheitsliste voraus. Die islamische Konkurrenz von der Hamas kommt auf 30 Prozent. Eine gespaltene Fatah-Bewegung mit zwei Listen hätte laut Umfragen insgesamt weniger Stimmen erreicht als die Hamas alleine.
Vor allem diese Aussicht hat ein Umdenken in der Fatah bewirkt – und zwar gerade aufseiten der alten Garde der „Tunesier“. Der Verlust ihrer Pfründen wäre dieser stets als selbst bereichernd und korrupt gescholtenen Elite ein echter Graus. Aber auch politische Erwägungen sind nicht von der Hand zu weisen: „Zukunft“, die Konkurrenzliste der jungen Fatah-Rebellen, hat mit dem in Israel inhaftierten Marwan Barghuti nicht nur den erfolgversprechenderen Spitzenkandidaten. Sie hat gegenüber den „Tunesiern“ auch den Vorteil, noch nicht allzu offensichtlich in Vetternwirtschaft und Korruption verstrickt zu sein.
Wenn die Fatah-Einheitsliste tatsächlich nach dem Reißverschlussverfahren gestrickt wird – einer von denen, einer von uns –, dann könnte sie aber auch den Fatah-Rebellen Vorteile bringen. Einmal, weil diese so einen Fuß in die Tür zur Macht bekommen. Zum anderen, weil sie damit auch international Verantwortung für Palästina bewiesen hätten. Mit einem Wahlsieger Hamas würden die Vertreter der USA, Israels oder der EU wohl kaum verhandeln. Und stattdessen wohl schlicht den Geldhahn zudrehen.
Am liebsten wäre es der alten Fatah-Garde freilich gewesen, die Wahl ganz abzusagen. Die Steilvorlage hierfür lieferte Israel, das den Palästinensern in Ostjerusalem wegen der Hamas die Teilnahme an der Wahl verbieten wollte. Nun deutet sich eine Kehrtwendung an, in Israel und bei der Fatah. Pure Einsicht in die Notwendigkeiten. Aber nicht schlecht. GEORG BALTISSEN