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Archiv-Artikel

FAMILIENPOLITIK: FIRMEN DENKEN UM, MÜTTER GEHÖREN IN DEN BETRIEB Nicht mehr rot-grün, sondern modern

Es war die große Zeit der Bekundungen guten Willens. Zwei Jahre lang hat Bundesfamilienministerin Renate Schmidt (SPD) ihre „Allianz für Familie“ vorangetrieben, hat Verbündete geworben, Internetseiten gespeist, Vor-Ort-Initiativen prämiert. Eine Gebärwelle blieb aus, ebenso der große Aufschwung der Karrierefrauen. Und doch hat Schmidt ein Umdenken gefördert, das beständiger sein wird als jede rot-grüne Regierungsmacht. Sie hat Familienförderung herausgezerrt aus dem Nischendasein in Fach- und Frauenzeitschriften – und sie zu einer Frage von Wirtschaftlichkeit aufgewertet.

An Strahlkraft verloren hat das Traditionsargument der Zauderer, das besagt: Familien zu fördern ist ein Luxusanliegen, zwar eine Wohltat für die emanzipationswillige Frau, aber drittrangig in Zeiten der Wirtschaftsflaute. Präsenter als je zuvor ist jetzt eine andere Logik: Je mehr ein Betrieb um seine Zukunft bangt, desto weniger kann er sich leisten, Ressourcen zu vergeuden. Über Jahre investiert er in eine Nachwuchskraft, weiht sie ein in Betriebsinterna, bildet sie fort – und dann entschwindet sie an den Wickeltisch. Das Geld ist verschwendet, die Mühe vertan. Der Betrieb könnte vorbeugen, indem er nur Männer einstellt. Doch dann entgeht ihm womöglich der talentierteste Bewerber: die Bewerberin.

Es ist Schmidts Verdienst, dass sich nun viele Firmenchefs dieser zweiten Logik anschließen. Schmidt hat nachgewiesen, dass Familienförderung eine Investition mit Rendite sein kann, und Low-Budget-Ideen propagiert: Ein Firmen-Spielzimmer fürs kranke Kind, ein flexibler Dienstschluss – so etwas kommt billiger als der Ausfall einer Spitzenkraft.

Doch so ehrenhaft der Erfolg der Ministerin ist: als Stimmenfänger im Wahlkampf wird er kaum taugen. Jetzt, wo wichtige Etappen erreicht sind, kann sie sich nur schwer damit profilieren. Denn inzwischen haben auch Merkel und Co. erkannt, dass das Vereinbaren von Beruf und Familie kein rot-grünes Klientelanliegen mehr ist. Es ist einfach nur modern. COSIMA SCHMITT