Expo 2010: Die große Show von Schanghai

Für die Expo 2010 wird die chinesische Millionenmetropole zu einem Experimentierfeld ökologischer Stadtplaner. Statt Parkhäusern gibt es neue U-Bahn-Linien.

Nur ein Programmpunkt der Weltausstellung: Schauspieler treten als Terrakotta-Krieger auf. Bild: reuters

PEKING taz | Nur drei Wochen bleiben bis zur Eröffnung der Expo von Schanghai, der größten Weltausstellung aller Zeiten. In der Yangtse-Metropole ist der Frühling eingekehrt. Auf der renovierten Promenade an der Westseite des Huangpu-Flusses drängen sich die Besucher. Sie interessieren sich nicht nur für die bekannten Attraktionen wie Bun-Ufer und Jadebuddhatempel, sondern halten auch Ausschau nach dem, was Schanghai ab Mai präsentieren will: Beispiele für den menschen- und umweltgerechten Umbau einer Millionenstadt.

Auf dem Ausstellungsgelände und an vielen anderen Stellen der Hafenmetropole wird gebohrt, gehämmert, gesägt - wo nötig, rund um die Uhr. Und Touristen wie Schanghaier fragen sich: Wie soll das alles rechtzeitig fertig werden?

Siegfried Wu Zhiqiang bleibt gelassen. Der Professor an der Tongji-Universität ist Chefplaner der Expo und damit verantwortlich für ein Projekt, das die Pekinger Olympischen Spiele von 2008 in den Schatten stellen soll. "70 Millionen Besucher werden unsere Pavillons sehen", sagt er. "Rund 400.000 Menschen am Tag, ein halbes Jahr lang."

Wu spricht fließend Englisch und Deutsch, den Vornamen Siegfried hat er während seines knapp zehnjährigen Studiums an der Technischen Universität in Berlin dazubekommen. Rund 45 Milliarden US-Dollar lässt sich China die Expo und den Umbau Schanghais kosten, heißt es, doppelt so viel, wie die Olympischen Spiele in Peking gekostet haben. Das Motto der Schau lautet "Better City, Better Life", überall in der Stadt prangt es auf Transparenten und Werbetafeln. Wu will die Expo, an der rund 200 Länder und Städte, u. a. die Bundesrepublik, Hamburg, Bremen, Düsseldorf und Freiburg mit eigenen Pavillons oder Ständen teilnehmen, zum Lehrbeispiel für menschen- und umweltfreundliche Städte machen. "Wir wollen zeigen, was wir für Schanghai und für die Zukunft der Menschheit tun können", sagt er.

Mit seinen Studenten hat Wu berechnet, wie man auf dem Expogelände mit Sonnenenergie, natürlichen Windströmen und warmer Luft aus der Erde die Energiekosten senken kann: "Die Expo ist das größte Experimentierfeld für umweltgerechte Stadtplanung", schwärmt er.

Das Thema ist brandaktuell: In China gibt es schon 170 Millionenstädte. In den nächsten Jahrzehnten werden 300 Millionen Chinesen ihre Dörfer verlassen. Das heißt: Der Bedarf an Wasser und Energie steigt, die Städter werden riesige Mengen von Müll produzieren, und alle müssen sich zügig fortbewegen.

Die zwei Expo-Areale, insgesamt 6 Quadratkilometer, liegen zentral an den Ufern des Huangpu-Flusses. Einst liefen hier Schiffe vom Stapel, doch von den Werften und Lagerhallen, Fabriken und Arbeiterwohnheimen ist nur noch wenig übrig geblieben: Rund 55.000 Menschen wurden umgesiedelt, 272 Fabriken niedergerissen. Nicht jeder, der vertrieben wurde, war mit der Entschädigung zufrieden, es gab immer wieder Proteste.

Seine Pläne hätten 10.000 Familien vor der Zerstörung ihrer Häuser bewahrt, berichtet Wu stolz. "Wir wollten nicht alles abreißen. Stadtentwicklung heißt nicht nur Neues bauen, sondern auch Altes schützen."

Mit dem eigenen Auto soll kein Besucher zur Expo fahren, Parkplätze sind nicht vorgesehen. "Platzverschwendung", meint Wu. Er konnte die Stadtregierung überzeugen, auf öffentliche Verkehrsmittel zu setzen - und den Bau der geplanten Schanghaier U-Bahn-Linien zu beschleunigen. Fünf neue Linien werden derzeit gebaut, sie sollen ab Mai die Gäste bringen.

"London hat für den Bau seines U-Bahn-Netzes von rund 400 Kilometern 150 Jahre gebaut, wir brauchen für diese Strecke nur 15 Jahre", sagt Wu. Bei den Stadtpolitikern aber nimmt die Nervosität zu. Sie fürchten sich vor Anschlägen und Demonstrationen. Tausende von Polizisten werden das Expogelände bewachen. Sorge, dass die Expo ein Pleiteprojekt wird, haben die Stadtpolitiker nicht: Der Immobilienmarkt boomt, im vergangenen Jahr stiegen die Quadratmeterpreise um 68 Prozent. Mit dem Verkauf von Baugrundstücken auf dem Expogelände soll sich die Schau rentieren.

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