piwik no script img

Experten-Thesen zum Humboldt-ForumDie zehn Gebote für das Stadtschloss

Das wiederaufzubauende Berliner Stadtschloss soll eine glaubwürdige Rekonstruktion und kein billiges Surrogat werden, fordern Experten. Die Baukosten würde das verdoppeln.

Ein Besucher betrachtet das Modell des Schlosses in der Infobox neben dem Schlossplatz. Bild: dpa

Die Bundesstiftung Berliner Schloss - Humboldt-Forum hat jetzt Ergebnisse einer Expertentagung über das Wie der Rekonstruktion präsentiert, die den Bauherrn in erhebliche Schwierigkeiten bringen könnte. Danach würde der Wiederaufbau des Berliner Schlosses für den Bund ganz erheblich teurer werden, wenn die Architektur nach fachlichen und wissenschaftlichen Kriterien vollzogen würde. Außerdem legten die Experten zehn Thesen zum Wiederaufbau vor, die das Humboldt-Forum nicht zu einer barocken Schimäre herabwürdigen.

Vorgestellt wurden die Ergebnisse jetzt von Manfred Rettig, dem Chef der Bundesstiftung. Kunsthistoriker und Denkmalpfleger, Vertreter der Schlösser- beziehungsweise der Preußenstiftung hatten die Thesen auf einer Tagung des "Deutsch-Italienischen Zentrums für Europäische Exzellenz" erarbeitet.

Damit die Berliner Mitte nicht mit einer billigen Attrappe dekoriert wird, sondern einem ästhetisch ausdrucksstarken Kulturforum, sollte der Bau "fachlich nach bestem Wissen und Vermögen, in höchster Qualität und Materialität rekonstruiert werden", sagte Helmut Dorgerloh, Chef der Potsdamer Schlösserstiftung. Hierfür müsste - vergleichbar mit der Kölner Dombauhütte - eine "Schlossbauhütte" eingerichtet werden. Nötig sei für den glaubwürdigen Wiederaufbau auch der Erhalt der alten Fundamente. Zudem müssten die zu DDR-Zeiten geborgenen Fragmente und Skulpturenteile wiederverwendet werden.

Nicht allein für die Kuppel fordern die Experten die Rekonstruktion nach historischem Vorbild. Auch die Treppenhäuser, Höfe, Durchgänge, Portale sowie die Grundrisse und Raumfolgen seien dem Original anzupassen.

Zur Wahrheit gehört auch die Zäsur: Was nicht rekonstruierbar ist, so das letzte Gebot, soll in "zeitgenössischer Lösung kenntlich gemacht werden". Dass dadurch die Pläne des Humboldt-Forums als Ethnologisches Museum und Zentral- und Landesbibliothek nicht gerade erleichtert werden, ist eine Sache. Eine andere ist, dass so die Kosten explodieren dürften, wie Architekten äußerten. Zwar sind die 10 Thesen der Schlossexperten für den Bund nicht bindend, sie erhöhen aber den Druck auf das umstrittene Projekt.

Derzeit ist geplant, das riesige Bauvorhaben 2014 zu starten. Nach jüngsten Berechnungen von Bundesbauminister Peter Ramsauer (CSU) soll das Stadtschloss - ohne Kuppel - statt 550 nun 585 Millionen Euro kosten.

ROLF LAUTENSCHLÄGER

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • S
    Schneider

    "Das wiederaufzubauende Berliner Stadtschloss soll eine glaubwürdige Rekonstruktion und kein billiges Surrogat werden, fordern Experten. Die Baukosten würde das verdoppeln."

     

    Die das wollen, haben keine Moral.

    Deutschland ist hoch verschuldet und kann sich keine Protz-Bauten wie den Schlossnachbau oder das Stuttgarter Bahnprogramm 21 leisten.

     

    Laßt den Platz zur Ruhe kommen.

  • D
    Daniel

    Eine Wiese ist viel zu modern!

    Wir brauchen einen Urwald!

     

    Im Ernst: es gab wirklich tolle Ideen bei der Ausschreibung, zum Beispiel das Labyrinth. Ich habe keine Ahnung, wer in diesem intransparenten Verfahren dieses alte hässliche Ding gewählt hat, aber Fakt ist doch einfach: Keiner will es haben!

     

    Liebe Stadtplaner und Senats-Monarchen: Das Berlin der 20er Jahre existiert nicht mehr! Auch nicht in Mitte!

  • D
    dirk

    Wenn Rekonstruktion, dann richtig: Zurück zur Monarchie und rein mit einem König in das Schloß. Für Bibliothek und Ausstellungen kann die Nutzung der für diese Zwecke völlig ungeeigneten Räume eh nur ein finanzielles Desaster werden.

  • S
    Svenne

    Ick find die Wiese och jut.

    Hab zwar nich Geschichte studiert, könnte mir aber vorstellen, dass ne Wiese gar nich mal so unhistorisch ist.

    Ick meine, wie lange wird dieser Flecken Erde denn überhaupt schon bebaut?

    Knapp 800 Jahre? Davor lag dis Land ja och irgendwie brach.

    Also, wenn schon Zurück dann aber och richtig!

  • E
    EnzoAduro

    Ich bin für die Wiese.

    Die ist so inspirierend. So Berlin. Und schon da. Und kostet 0 EUR.