Experiment ausgelaufen: Es gilt das Wohnortprinzip
Modellschulen dürfen Kinder nicht mehr nach Leistung auswählen. Elternräte der Stadtteilschulen sind für Quoten-Regel.
Vier Jahre lang war es 13 Hamburger Schulen erlaubt, einen Teil der Kinder nach eigenen Kriterien aufzunehmen. Damit ist nun Schluss, "weil der Schulversuch ausgelaufen ist", sagt Peter Albrecht, Sprecher der Schulbehörde. Gibt es mehr Anmeldungen als freie Plätze, kommt künftig auch an den Modellschulen zum Zuge, wer nahe dran wohnt oder Geschwister an der Schule hat.
An dem Versuch waren auch sechs erfolgreiche Stadtteilschulen beteiligt, darunter die Max-Brauer-Schule in Altona. Sie durfte 55 Prozent der Anfänger in den 5. Klassen nach Schulleistung auswählen. "Es ist wichtig, dass Stadtteilschulen eine Leistungsheterogenität haben", sagt Robert Schneider vom Vorstand der Gemeinschaft der Elternräte an Stadtteilschulen (GEST). Seien in der Vergangenheit Gesamtschulen gescheitert, sagt Schneider, "dann daran, dass sie diesen guten Mix nicht hatten".
Auch der Elternrat der Max-Brauer-Schule wandte sich an Schulsenator Ties Rabe (SPD) mit einem Appell, das bestehende Verfahren beizubehalten. Wäre die Wohnortnähe das einzige Kriterium, könnten bildungsorientierte Eltern im Kerngebiet Altona und Ottensen ihre Kinder "nicht mehr auf die Stadtteilschule ihrer Wahl einschulen".
Die Regelung sah vor, dass die Max-Brauer-Schule je 40 Prozent Kinder mit guten Grundschulleistungen, 45 Prozent mit mittleren und 15 Prozent mit schwachen aufnahm. Die Stadtteilschulen Bergedorf, Bergstedt, Harburg, Julius Leber und Heinrich Hertz konnten ähnlich verfahren. Zudem durften sieben Gymnasien mit besonderen Profilen eigene "Auswahlparameter" festlegen. Auch damit ist es laut Albrecht vorbei.
Im Mai hatte die GEST den Senator auf das Thema angesprochen und, auf Raabes Anregung hin, ein eigenes Modell entwickelt: Dabei würde jeder Stadtteilschule erlaubt, für 55 Prozent ihrer Schüler solche leistungsbezogenen Quoten festzulegen. "Die Höhe müsste man noch ermitteln", sagt Schneider. "Wir würden versuchen, in der Praxis allen gerecht zu werden", ergänzt GEST-Mitvorständler Klaus-Peter Schiebener. "Unser Vorschlag war nicht in Stein gemeißelt", sagt Schneider, "die Behörde hätte daran arbeiten können."
Eine Antwort erhielten die engagierten Eltern bislang nicht. "Der Vorschlag war aus Sicht des Senators sehr komplex und nicht vermittelbar", sagt Behördensprecher Peter Albrecht zur Begründung. Jetzt werde beobachtet, ob es an den betroffenen Schulen "tatsächlich zu gravierenden Veränderungen kommt".
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Fortschrittsinfluencer über Zuversicht
„Es setzt sich durch, wer die bessere Geschichte hat“