Expansionspläne : Staatsvertrag soll Ländergrenzen ändern
Bremen kauft Niedersachsen
Größer werden. Was sich alle kleinen Kinder wünschen, soll demnächst auch für Bremen in Erfüllung gehen. Statt wie derzeit über 404 soll die Speckflagge dann über 416 Quadratkilometer Flachland flattern: Südlich von Bremerhaven, auf der so genannten Luneplate, plant der Bremer Senat, sein Hoheitsgebiet zu vergrößern – auf Kosten von Niedersachsen.
1.200 Hektar misst das direkt am Weserufer gelegene Gelände, Bremen hat dort bereits einen Teil der ökologischen Ausgleichsflächen für die Containerterminals CT III und IIIa ausgewiesen. Im Zuge der Planungen für das CT IV will das Land jetzt das gesamte Gebiet erwerben – und zwar eigentums- und hoheitsrechtlich. Dann nämlich könnte Bremen nicht nur Ausgleichsflächen einrichten, sondern zudem 150 Hektar Gewerbeflächen ausweisen.
Eigentumsrechtlich gehören die Flächen dem Land Niedersachsen, kommunale Planungshoheit aber hat die Gemeinde Loxstedt. Die hatte selbst darauf spekuliert, dort Industrie anzusiedeln – und lässt sich den Verzicht darauf jetzt einiges kosten. 17,7 Millionen Euro, so der von Gemeindedirektor Rudolf Taxius mit der Hafengesellschaft Bremen-Ports ausgehandelte Vertragsentwurf, soll Bremen zahlen – Geld, mit dem Loxstedt dann ein Gewerbegebiet am neuen Weser-Tunnel bei Dedesdorf bauen könnte. Taxius setzte in den Verhandlungen zudem durch, dass das Bremer Gewerbegebiet auf der Luneplate maximal 150 Hektar groß werden darf, einen Mindestabstand zum Dorf einhalten muss und bestimmte Lärmgrenzwerte nicht überschreiten darf. Festgeschrieben werden soll auch, dass in Zukunft keine weiteren naturschutzrechtlichen Ausgleichsflächen für Bremer Projekte auf Loxstedter Gemarkung ausgewiesen werden. Voraussichtlich im Juni wird der Loxstedter Gemeinderat über den Vertragsentwurf abstimmen – vorausgesetzt, das Land Niedersachsen hat bis dahin Zustimmung signalisiert. Bremen-Ports-Chef Jürgen Holtermann ist zuversichtlich.
Die Hannoveraner Staatskanzlei äußert sich indes deutlich zurückhaltender. Nicht Niedersachsen sei jetzt am Zug, sondern immer noch Bremen, sagt Sprecher Klaus Engemann: „Bislang liegen keine Anträge vor, die Staatsgrenzen zu verändern.“ Wie die neue CDU-FDP-Landesregierung ein solches Ansinnen Bremens – sollte es denn offiziell an sie herangetragen werden – bewerte, sei zudem „offen“. „
Prüfungsbedarf“ signalisiert auch der Referatsleiter Grundstücke im niedersächsischen Landwirtschaftsministerium, Jürgen Lüthge. Zwar habe es schon vor einem Jahr Gespräche über die Luneplate gegeben. Damals aber sei von einem Tausch landwirtschaftlicher Flächen zwischen Bremen und Niedersachsen die Rede gewesen – nicht von einem Gebietszuwachs für den Städtestaat. Über die neuen Bremer Pläne, dass Niedersachsen Flächen abtreten solle, habe es hingegen „noch keine konkreten Gespräche“ und „keinerlei Vereinbarungen“ gegeben.
Selbst wenn sich Bremen und Niedersachsen einigen würden – der nächste Streit um die Luneplate ist schon abzusehen. Irgendwann nämlich müsste Bremen dann sagen, ob die 1.200 Hektar Neu-Land bei Bremerhaven stadtbremisches Gebiet werden oder kommunalrechtlich der Seestadt zufallen. Deren Oberbürgermeister Jörg Schulz (SPD) soll bereits Ansprüche angemeldet haben. sim