Expansion der Landesmedienanstalten: Föderallala
Privatsender sind schon deswegen unverzichtbar, weil sie jede Menge Arbeitsplätze schaffen. Auch für Verwaltungsjuristen.
BERLIN taz Das Schöne am föderalen Mediensystem ist ja, dass keiner durchblickt: Klar, Fernsehsender senden nicht föderal beschränkt, sondern landesweit und dank Satellit & Co. manchmal auch über Deutschlands Grenzen hinaus. Doch der nationalen Realität steht die föderale Theorie gegenüber, die man mit deutscher Gründlichkeit in eine lustige Praxis überführt hat. Denn der Privatfunk braucht eine Aufsicht, und die ist landsmannschaftlich-föderal organisiert.
Damit aber die Spannung erhalten bleibt, wacht etwa die niedersächsische Landesmedienanstalt aus Hannover über den in Köln ansässigen Sender RTL. Und falls Sie sich mal gefragt haben, wer das zum Umzug von der Spree an die Isar verdonnerte Sat.1 beaufsichtigt, werden Sie in Rheinland-Pfalz fündig: bei der Landesmedienanstalt aus Mainz.
Insgesamt 14 solcher Anstalten leistet sich die deutsche Medienpolitik derzeit - finanziert aus der öffentlich-rechtlichen Rundfunkgebühr. Immerhin die Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg macht gemeinsame Sache, und seit 2007 wacht auch eine gemeinsame Nordanstalt über den Stadtstaat Hamburg und Schleswig-Holstein. Weil es bei nationalem Programm aber in der Natur der Sache liegt, manche Dinge bundesweit regeln zu müssen, gibt es noch so tolle Einrichtungen wie die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) mit Sitz in Erfurt oder die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) in Potsdam.
Doch nun droht den versammelten VerwaltungsjuristInnen und AnstaltsdirektorInnen Ungemach: Die Medienpolitik will, dass die Landesmedienanstalten bis zum 1. April 2010 eine gemeinsame Geschäftsstelle zur Wahrnehmung von bundesweiten Aufgaben einrichten. Wahnsinn: Innerhalb eines guten Jahres soll aufgedröselt werden, was sich die verbürokratisierte Medienaufsicht in gut 20 Jahren zurechtgezimmert hat. Mehr noch: Der für die Koordination der Medienpolitik der Bundesländer zuständige rheinland-pfälzische Staatssekretär Martin Stadelmeier (SPD) erwartet bis 2013 sogar eine gemeinsame, bundesweit zuständige Medienanstalt.
Teufelszeug dies, heißt es nun bei vielen Anstaltsgewaltigen. Hier stehen schließlich Pfründen und Pöstchen en gros zur Disposition. Daher reformiert sich das System zunächst auf urbürokratische Weise - indem es sich ausdehnt: Weil die Ansiedlung der Bundesgeschäftsstelle am Sitz einer Landesmedienanstalt diese aufwerten würde, soll jene in die Pampa, natürlich mit eigenem Personal. Wir empfehlen Fulda. Das ist schön katholisch und ungefähr in der Mitte.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Wahlkampf in Deutschland
Rotzlöffeldichte auf Rekordniveau
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
USA entwerfen UN-Resolution zum Krieg in der Ukraine ohne jede Kritik an Russland
Bildungsforscher über Zukunft der Kinder
„Bitte nicht länger ignorieren“