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Ex-US-Präsident ohne BerührungsängsteCarter will Hamas treffen

Der ehemalige US-Präsident und Friedensnobelpreisträger Jimmy Carter hat eine klare Vorstellung davon, was im Nahen Osten wirklich Not tut. Reden mit jedem zum Beispiel.

Die Hamas müsse einbezogen werden, alles andere sei "kontraproduktiv", so Carter. Bild: dpa

JERUSALEM taz Ex-US-Präsident Jimmy Carter soll dem Hamas-Politbürochef Chaled Meschal eine Botschaft aus Israel überreichen, wenn er ihn wie geplant am Freitag in Damaskus trifft. Die Parteijugend des linken Bündnisses Meretz-Yachad bittet die Hamas in dem Schreiben um eine Anerkennung Israels und die Freilassung des vor knapp zwei Jahren entführten israelischen Soldaten Gilad Schalit.

Die politische Führung in Jerusalem verweigerte sich hingegen einem Treffen mit Carter, der im Verlauf seines Besuchs in Ramallah einen Kranz am Grab von Jassir Arafat niederlegte. Carters Plan, auch nach Gaza zu fahren, scheiterte an mangelnder israelischer Kooperation. Im Gespräch mit Vertretern israelischer und palästinensischer Friedens-NGOs drängte Carter am Mittwoch erneut auf ein Einbeziehen der Hamas in den Friedensprozess. "Dabei ist mir ganz egal, ob sie 10 Prozent des palästinensischen Volkes oder 42 repräsentiert." Alles andere sei "kontraproduktiv". Ebenso glaube er nicht, "dass ein Frieden möglich ist, ohne dass das Problem der Golanhöhen gelöst wird", die von Israel wie auch von Syrien beansprucht werden.

Für ein paar Minuten gab sich der heute 83-Jährige Erinnerungen an die Tage hin, in denen er erfolgreich zwischen Israel und Ägypten vermittelte. "Der Hass, den wir heute beobachten", so versuchte Carter seine Hörer zu ermutigen, sei "damals noch viel schlimmer" gewesen. Erst Jahre nach den ägyptisch-israelischen Verhandlungen in Camp David habe Arafat ihm gegenüber zugegeben, dass es ein Fehler gewesen sei, die damals von Israel angebotene Autonomie abzulehnen. "Wie anders hätte die Geschichte verlaufen können."

Schon am Montag war Carter mit dem Vater des entführten israelischen Soldaten zusammengekommen. Gerade dass Carter nicht proisraelisch eingestellt ist, könne von Nutzen sein, hofft Noam Schalit. Vor zwei Jahren hatte Carter den andauernden Ausbau jüdischer Siedlungen als "Apartheidpolitik, die südafrikanische Maßstäbe übertrifft", bezeichnet. Um den Frieden voranzutreiben, sollten die USA nicht nur vermitteln, sondern konkrete Friedenspolitik betreiben. Ihn persönlich überzeuge vor allem die "Genfer Initiative", ein Art Muster-Friedensvertrag. "Wenn ich nächste Woche wiederkomme, hoffe ich, mit meinem Bericht hilfreich sein zu können," sagte Carter, nach Gesprächen in Kairo, Damaskus, Riad und Amman erneut nach Jerusalem kommt. SUSANNE KNAUL

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4 Kommentare

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  • A
    anoosh

    Ein Palästinenser sollte auch keine lust haben mit irgendeinem Israeli oder irgendeiner israelischen Partei zu sprechen oder gar zu verhandeln der man noch erlären muß wer hier wem das Land weggenommen hat, wer hier wen besatzt, wer hier wen vertrieben hat.Israel erkennt Palästina nicht an. Ja, eine zerstückelte nicht autonome Provinz würden sie anerkennen, aber nicht ein freies würdiges Palästina! ISrael hat dreck am Stecken-es existiert, kann man nichts dran ändern-aber es ist an israel Palästina frei zu geben mit allen konsequenzen. Es ist nicht mehr an der zeit zurück zu blicken und sich mit der Vergangenheit ein einem andren Land zu rechfertigen.

    Es gibt nichts das rechtfertigen kann was is Palästina passiert-wer mir das nicht glaubt darf mich gerne in Ramallah Palästina besuchen.

    Carter ist auf dem richtigen weg! dass das israelische Militär ihm keine ERlaubniss gegeben hat nach Gaza einzureisen ist eine Ohrfeige und ich kann nicht verstehen wie irgendwer immer noch Glauben kann das Israel mit rechten Mitteln handelt(Gaza ist laut Israel nicht mehr unter Besatzung)

    Es gibt nur eine Gerechtigkeit-und die gild für alle, auch für Israel

  • A
    Arno

    Heißa, wo soll man denn da anfangen.

    Zunächst - was das Verhandeln auch mit demokratisch legitimierten, Frieden versprechenden Judenhassern angeht, hat schon Herr Chamberlein schlechte Erfahrungen gemacht.

    Was nun den Libanon-Feldzug 2006 anbetrifft, setzen sie das Prinzip Knaul fort: Sie unterschlagen in der Betrachtung die dem Angriff vorangegangenen persistierenden Angriffe der Hisbollah auf Israel. Seit dem Abzug aus dem Südlibanon im Jahre 2000 wurde Israel andauernd aus eben diesem Südlibanon angegriffen - wissen Sie das nicht?

    Wieviele Länder würden sechs Jahre Raketenbeschuss, Grenzübertritte feindlicher Truppen und die Entführung von Soldaten über sich ergehen lassen und nicht reagieren?

    Nun zum Iran. Das Mullah-Regime des "geschwächten Irans" hat die Vernichtung Israels zum Staatsziel erklärt. Unter den Mullahs werden im Iran Homosexuelle erhängt, Ehebrecherinnen gesteinigt, Oppositionelle inhaftier, gefoltert, ermordet - und es wird halböffentlich an der Atombombe gearbeitet. Soll Israel, sollen die USA, soll die Welt abwarten, ob Iran sein Staatsziel auch umsetzt?

    Übrigens - seit Israel sich einseitig aus Gaza zurückzog, hagelt es aus Gaza heraus verstärkt Kassam-Raketen mit bis zu 10 kg schweren Gefechtsköpfen. Allein auf die kleine Stadt Sderot prasselten über 6300 Raketen nieder.

     

    Als das fehlt in Ihren Betrachtungen.

    Natürlich begehen auch Israelis Verbrechen,

    selbstredend verhält sich Israel in Einzelfällen verbrecherisch. Es mag daran liegen, dass Juden keine Engel sind - sondern Menschen. Bedenkt man aber die Umstände, unter denen Israel ums Überleben kämpft, verhält es sich bemerkenswert zivilisiert.

  • KK
    K. Krams

    @Arno: Entschuldigung, aber die Hamas hält Palästina nicht besetzt. Sie vertreibt nicht die Palästinenser von ihrem Land, zerstört nicht die landwirtschaftliche und sonstige Infrastruktur. Untergräbt nicht jede irgendwie geartete Friedensinitiative mit Tötungen.Und soweit ich mich erinnere, annektiert ja Israel mit seinen Siedlern palästinensisches Land. Und, jetzt 'mal erinnern, nach der -legal- gewonnenen Wahl gab es von der Hamas (und auch seither wieder) durchaus Friedensangebote gegen ein Palästina in den Grenzen von 1967. Die Antwort Israels: s. oben. Und den anderen westlichen Staaten fiel nichts besseres ein, als sich über das Wahlergebnis hinwegzusetzen und Hamas zur Terrororganisation zu erklären. Das einzige Konzept das, ausser der israelischen illegalen Landnahme, ersichtlich ist, scheint zu sein, dass Israel sich -mit amerikanischer Unterstützung - mit einem Gürtel durch permanente israelische Aktionen (z.B. Libanon)oder potentielle US-amerikanische Kriegsdrohungen (z.B. Syrien oder Iran)attackierte und somit geschwächte Staaten umgibt.So geht es seit Jahrzehnten. Deshalb: Respekt für die Initiative und den Mut von Herrn Carter.

  • A
    Arno

    Frau Knaul. Ach! Frau Knaul.

     

    Es wäre doch runder, es wäre doch objektiver, wenn sie das erklärte Hauptziel der Hamas erwähnt hätten; nämlich die Vernichtung Israels.

    Und zwar mindestens Israels.

    "Die Stunde des Gerichtes wird nicht kommen, bevor Muslime nicht die Juden bekämpfen und töten, so dass sich die Juden hinter Bäumen und Steinen verstecken und jeder Baum und Stein wird sagen: 'Oh Muslim, oh Diener Allahs, ein Jude ist hinter mir, komm und töte ihn!'", so lautet

    Artikel 7 der Charta der Hamas.

     

    Die Israelis haben keinen Bock, mit jemandem zu

    verhandeln, der Judenvernichtung propagiert.

     

    Wenn Sie versäumen, den Vernichtungsantisemitismus der Hamas zu erwähnen, wird der unvoreingenommene aber uninformierte Leser nach Lektüre Ihres Artikels die Israelis vielleicht für kriegsaffine Spießer halten.

     

    Das wird doch nicht in Ihrem Interesse sein?