Ex-Trio-Gitarrist Gert Krawinkel ist tot: „Danke Kralle“
Mit „Da da da“ prägten Trio den Sound der Neuen Deutschen Welle und landeten einen Welthit. Jetzt ist Gitarrist Kralle Krawinkel mit 66 Jahren gestorben.
BREMEN taz/dpa | Wahrscheinlich war er ein zu guter Gitarrist: Im Spiel stark an Keith Richards orientiert, aber technisch dem Rolling Stones-Mann überlegen, konnte der Wilhelmshavener Seemannssohn Gert „Kralle“ Krawinkel seine Fender Stratocaster beim Solo selbstvergessen streicheln, als wäre das Wimmern und Stöhnen seines Instruments der ganze Inhalt und der wahre Sinn des Seins.
„The Vampyres“, „Just Us“, die „Emsland Hillbillies“, „Cravinkel“ und „Wind“ hießen die Bands, mit denen er seit den 1960ern in Norddeutschland auftrat. Auch für Marius Müller-Westernhagen hat er gespielt.
Aber berühmt geworden ist Krawinkel, der am 16.2, gut zwei Monate vor seinem 67. Geburtstag, an Lungenkrebs starb, als musikalischer Kopf der Band Trio. Und das heißt: Indem er auf genau das alles verzichtet, die Musik gleichsam aus der Musik verbannt hat. Die Songs der ersten Trio-Schallplatte, deren Cover die gestempelte WG-Adresse der Gruppe ziert, hat Krawinkel geschrieben. Und er war auch der Komponist des einzigen Liedes, das von der Combo übrig bleibt: „Da da da ich lieb dich nicht du liebst mich nicht aha aha aha.“
Das Stück entsteht auf der Tingeltournee Monate nach dem Record-Release. Der älteste Mitschnitt stammt vom Auftritt im Jugendclub Bramsche Anfang Oktober '81. Erst als die Single raus und das Lied in die Zweitauflage der Platte eingekoppelt ist, wird Trio ein großes Ding: In 30 Ländern landet's in den Charts. Mit dem Stück reduziere die norddeutsche Band Rock'n Roll „to its most basic rhythmic and melodic elements“, lobt der New York-Times Rezensent anlässlich eines ihrer zwei Auftritte in den USA im November 1983. Und Krawinkel nennt er dabei versehentlich Krawinkle.
Der Song ist ein Endpunkt. Tiefer als most basic kann man nicht schürfen. Andere werden von hier aus Neues erfinden. Die Drei Männer-Band aber, die durchaus noch Platten und komplett beschissene Filme produziert, beginnt bereits zu zerfallen: Anfang 1984 ziehen Stephan Remmler und Schlagzeugclown Peter Behrens aus dem Einfamilienhaus in der „Regenterstr. 10 a zu 2907 Großenkneten 2“. Krawinkel bleibt noch ein paar Jahre, dann siedelt er über nach Berlin und schließlich nach Andalusien, wo er Oliven anbaut und von wo er mit seiner Stute Estrellita 1996 bis Hamburg ritt, ein Weltrekord, der wirkt, als wäre er unternommen worden, um etwas anderes zu überschreiben.
Schräg, anarchisch, witzig
Nach Angaben des Musikmanagers Georg Gluecks, der auch mit Trio gearbeitet hat, starb Krawinkel im niedersächsischen Cuxhaven. Dort sei er wegen einer schweren Krankheit zur Kur gewesen, berichtete Glueck aus New York. Er habe diese Informationen von der Witwe des Musikers, denn Krawinkel sei mit seiner langjährigen Freundin Monika inzwischen verheiratet gewesen.
Sein Bandkollege Peter Behrens (66) zeigt sich erschüttert über den Tod seines Freundes. Der Bild-Zeitung sagte Behrens: „Ich bin nur noch am Heulen.“ Krawinkel sei sein bester Freund gewesen, sie hätten sich besser verstanden als früher. „Im Sommer wollte ich ihn zur Fußball-WM auf seiner Finca besuchen. Das wird nun nichts mehr.“
Seine Witwe Monika soll laut Bild gesagt haben: „Die gute Nordseeluft sollte letzter Teil der Krebs-Reha sein. Eine Art Heimaturlaub.“ Ihr Mann sei eigentlich schon über den Berg gewesen. Geplant sei nun eine Seebestattung in der Elbe bei Cuxhaven.
Auf der Internetseite ist ein Kondolenzbuch eingerichtet, in das sich bis zum Nachmittag Hunderte Fans eingetragen hatten. „Vielen Dank für grandiose Gitarrenattacken, die meine Jugend geprägt haben“, „Ich bin tief getroffen. Und verneige mich“ oder „Schon wieder geht ein Stück meiner Jugend... R.I.P.“, heißt es in den Einträgen.
Und ein weiterer Fan schreibt: „Danke Kralle. Danke für die einzigartige Musik. Neu, schräg, anarchisch, witzig – genau dadurch wurde deine Musik zu etwas ganz Besonderen. Du hast mit Stephan und Peter meine Jugend jeden Tag ein bisschen lustiger gemacht.“
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