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Evakuierung nach ChemieunfallGiftige Gase in Bad Fallingbostel

In einer Lebensmittelfabrik in Niedersachsen sind bei einem Chemieunfall giftige Gase ausgetreten. Nun drohnt möglicherweise eine zweite Wolke.

Feuerwehrleute versuchen mit Wasser zu verhindern, dass sich die Gaswolke ausbreitet. Bild: dpa

BAD FALLINGBOSTEL/BERLIN dapd/dpa/taz | Nach einem Chemieunfall in einem Werk des Lebensmittelkonzerns Kraft Foods in Bad Fallingbostel droht möglicherweise eine weitere Giftwolke. Versehentlich war am Montag ein Tank mit hoch konzentrierter Natronlauge für Reinigungsarbeiten Säure gefüllt worden.

Bei dem Versuch, die Säure vorsichtig wieder abzupumpen, entstanden giftige Gase. Verletzt wurde bei dem Unfall niemand. Vorsichtshalber rief die Feuerwehr daraufhin am Montagabend Katastrophenalarm aus und orderte eine großräumige Evakuierung an. Bei dem Einsatz waren in der Nacht bis zu 1000 Kräfte im Einsatz, darunter ABC-Soldaten der Bundeswehr. 1.400 Personen mussten ihre Häuser verlassen. Nach Angaben der Feuerwehr ist das Gasgemisch beim Einatmen und bei Hautkontakt gesundheitsgefährdend.

Am Dienstagmorgen sei nun ein starker Temperaturanstieg festgestellt worden. Dies deute daraufhin, dass in dem Tank eine Reaktion stattfinde, sagte eine Sprecherin des Unternehmens der Nachrichtenagentur dapd. Die letzten Messungen hätten eine Temperatur von etwa 100 Grad Celsius ergeben, sagte Feuerwehrsprecher Jens Führer. Eine Giftwolke könnte entstehen, wenn der doppelwandige Kunststoffbehälter schmilzt und dadurch das Säure-Lauge-Gemisch austritt und reagiert.

Die Feuerwehr hat bereits wegen der drohenden Gefahr zahlreiche Einsatzkräfte von dem Gelände zurückgezogen. Etwa 20 Spezialisten seien aber noch auf dem Gelände und unter anderem mit der Kühlung des Reinigungstanks beschäftigt, sagte Jens Führer. Zudem werde versucht, die Lauge abzupumpen.

Der Katastrophenalarm wird vorerst nicht aufgehoben werden. Schulen und Kindertagesstätten sollten am Dienstag geschlossen bleiben. Die Autobahn Sieben war zwischen dem Dreieck Walsrode und Soltau-Süd voll gesperrt. Der Zugverkehr zwischen Dorfmark und Walsrode ruhte ebenfalls. Es habe aber zu keinem Zeitpunkt eine größere Gefahr für Anwohner bestanden, sagte die Sprecherin. Alle Vorkehrungen seien reine Vorsichtsmaßnahmen. In dem Werk wird unter anderem Mirácoli, Philadelphia und Jocca hergestellt. Die Produktion steht seitdem still. Der finanzielle Schaden war zunächst unklar.

Die Substanzen werden normalerweise in verdünnter Form zum Reinigen der riesigen, bis zu 50.000 Liter fassenden Tanks verwendet, in denen die Zutaten für die Lebensmittelproduktion lagern. Landkreissprecher Andreas Pütz konnte am Nachmittag zwar noch nicht endgültig Entwarnung geben, äußerte sich aber optimistisch, dass die Gefahr bis zum Dunkelwerden gebannt sei. „Zum Glück ist niemand verletzt worden, was ja bei einer so großen Katastrophe wirklich ungewöhnlich ist“, sagte er zur taz.

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13 Kommentare

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  • B
    bismarckhering

    Mir war das schon klar, daß es sich

    um nitrose Gase handeln würde, dennoch

    bleibt die Frage offen, warum man das

    nicht so gesagt hat, sondern mit der

    Formulierung "giftige Gase" indirekt sagt:

    "Wir bewerten für euch, ihr müsst es glauben, wissenschaftliche Informationen würden euch

    dumme Leser nur verwirren".

     

    Damit ist die taz das geworden,

    wovor sie einst gewarnt hat.

     

    b.

  • L
    Luetzgendorff

    Es wird Zeit, dass die Lebensmittelindustrie völlig auf Chemikalienfreiheit umgestellt wird: Produktionsanlagen werden nur noch mit Wurzelbürste und Scheuersand gereinigt, Bakterien und Pilze durch Granderwasser-energetisierte Hochpotenzen von bei Vollmondschein zerstossenen orientalischen Schaben bekämpft, es werden keine Backtriebmittel, keine Pilze, Bakterien und Hefen mehr eingesetzt, Pökelsalz fällt ebenso weg wie das hoch toxische Sodiumchlorid und das ebenso tödliche Dihydrogeniumoxid H2O (was hat ein Stoff, der in Atomreaktoren und in der Gentechnik verwendet wird, in Lebensmitteln zu suchen???!!!) und alle krebserzeugenden und giftigen Stoffe wie Anthozyane, Kumarine, Phasine, Myristicine und Elemicine oder Säuren (Folsäure, Zitronensäure, Ascorbinsäure). Und was haben Metalle wie Eisen, Magnesium und Natrium in Essen und Getränken zu suchen?

    Dass wir dann auf Brot, Wein, Käse, Bier, Beerenfrüchte, Obst, Gemüse, Salz und Wasser verzichten müssen, sollte uns die Sicherheit wert sein!

    Wie gut, dass man die brainwash-Fächer Chemie und Bio in der Schule abwählen kann! In Zukunft sollte auch für den homöopathischen Rest der Schüler mit Interesse an den Naturwissenschaften keine Indoktrination durch Chemie- und Biolehrer mehr möglich sein, ohne dass ein Greenpeace- oder Foodwatch-Experte anwesend ist, um den Schülern die tatsächlichen Gefahren der kapitalistischen Lebensmittelindustrie nahe zu bringen!

  • 4
    4thelulz

    so, für alle flachzangen und verschwörungstheoretiker:

     

    1. weil salpetersäure dabei war: das wahrscheinlichste ist, dass sich nitrose gase gebildet haben.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Stickoxide#Nitrose_Gase

     

    2. noch ein bisschen was um panik zu schüren: 100% der bevölkerung sind mit der hochenergetischen verbindung adenosintriphosphat belastet! problematisch ist hierbei besonders die anhydridbindung.

     

    3. wenn man rumheulen möchte, wie böse das alles ist, sollte man das fundiert machen. aber wahrscheinlich werden als nächstes die chemtrails ausgepackt.

     

    wie immer: i did it 4 teh lulz!

  • B
    bismarckhering

    "Auch du, Brutus?"

     

    Es sind also "giftige Gase" ausgetreten...

     

    Und selbst die taz bringt es nicht fertig, die austretenden Substanzen zu benennen.

     

    Naja, was erwarte ich auch von einer "alternativen" klar "Anti-AKW" eingestellten Zeitung, die über Fukushima in der Vergangenheitform berichtet...

     

    b.

  • M
    mauersehler

    Etwas sonderbar ist es schon, daß sich dabei giftige Gase gebildet haben sollen. Wenn man Säure und Lauge zusammenbringt, wird viel Wärme frei. Das kann bei entsprechenden Mengen (ein hohes Volumen zur Reaktion, gleichzeitig aber eine geringe Fläche zur Kühlung) dazu führen, daß alles überkocht, ok. Aber bei gewöhnlichen, anorganischen Säuren und Natronlauge sollte es nicht zu einer Bildung von giftigen Gasen kommen können.

     

    Man muß also kein Technik-Feind sein, um hier Klärungsbedarf zu sehen. Entweder die Meldung über giftige Gase ist Käse, oder es sollte geklärt werden, um welche Säure es sich gehandelt hat.

  • MK
    Michael K.

    @ Auauau

     

    Danke, den ganzen Aufwasch kann ich mir jetzt sparen. Es ist wirklich unglaublich wie kurzsichtig manche Menschen sind.

     

    Was ich mich allerdings Frage ist, wieso nicht wie im Chemie-Unterricht versprochen, eine Säure und eine Lauge sich neutralisieren. Da könnte man mal genauere Informationen bringen, finde ich.

  • M
    Mimo

    Isst hier jmd Laugengebäck? Bestimmt oder? Weis jmd wo der Name herkommt? Nein? Von der NatronLAUGE die man auf diese macht damit es im Ofen so braun wird und seinen typischen Geschmack bekommt.

    Benutzt jmd zuhause Essig? Weis der dann auch was er da benutzt? EssigsSÄURE! Essig ist nichts anderes wie eine Säure, daher auch der säuerlich Geschmack. Der ein oder andere hat vll jetzt gemerkt warum in der Lebensmittelindustrie Chemie eingesetzt wird.

     

    @Hans Kommen Sie doch mal nach Ludwigshafen und diskutieren das mit der BElegschaft der BASF (ca 35.000) aus, die werden das dann sachlich diskutieren, nur fürchte ich das Sie kein Wort herausbekommen wenn Ihnen 35.000 Leute zuhören und Sie bei Ihren hanebüchen Thesen anstarren.

  • B
    Branko

    giftige Gase in Lebensmittelfabrik?

     

    Was stellen die denn her?

     

    Synthetischen Analogkäseersatz für TK-Pizza,

    Getränkepulver für schlankmachende Gesundheits-Drinks, entwicklungsfördernde Süßwaren für Kinder oder Bio-Landkuchen nach Omas Traditionsrezept?

  • A
    Auauau

    "Ich man zieht endlich die Konsequenzen und schließt jegliche Chemiewerke in Deutschland. Und die Mitarbeiter gehören auf die Straße, für diese Mittäter darf kein Steuergeld verschwendet werden!"

     

     

    Ich wundere mich dass bei so viel Dummheit nicht der Bildschirm springt.

     

    Man kann Ihnen noch nichtmal viel Spass im Mittelalter wünschen, nichtmal während der Eisenzeit haben sich Menschen nicht bewusst chemische Anlagen und Prozesse zu nutze gemacht. Auf welchem Niveau wollen sie in ihrer vernebelten Vorstellung leben, auf dem es keine "Mittäter" gibt?

     

     

    "Was in Herrgotts Namen haben diese giftigen Chemikalien

    überhaupt in einer LEBENSMITTEL-Industrie zu suchen?

    Pfui Deifel! Boykottiert diese Nahrungsmittel, die diesen Namen nicht verdienen!"

     

    Erstens ist nicht von giftigen Chemikalien sondern von Reaktionsprodukten infolge unsachgemäßer Anwendung die Rede, zweitens sind Reinigungszwecke als Grund genannt.

     

    Da ist wohl der Schaum vor dem Mund schon bis zu den Augen hoch gekrochen.

     

    Sie sind also auch dafür jene Nahrungsmittel zu boykottieren die in einem gescheuerten und damit sauberen Kochtopf zubereitet werden? Schimmelpilze und Bakterien haben sicher auch Gefühle, kennen Angst und Schmerz, da ist es nicht vertretbar diese einfach zu töten.

     

    Beide Kommentatoren hätten wohl besser 3 mal mit dem Kopf auf die Tischplatte gehauen. Kaputt zu machen scheint nicht viel und wehgetan hätte es wenigstens nicht beim Leser.

  • M
    Marc

    @ von 1x1:

     

    Säuren und Laugen werden in der Lebensmitteltechnik eingesetzt, um Abfüllanlagen, Transportbehältnisse und überhaupt den Betrieb keimfrei zu halten.

  • W
    Westberliner

    Zitat; "In einer Lebensmittelfabrik in Niedersachsen sind bei einem Chemieunfall giftige Gase ausgetreten."

     

    Ich dachte, da werden Lebensmittel hergestellt???

  • 1
    1x1

    Was in Herrgotts Namen haben diese giftigen Chemikalien

    überhaupt in einer LEBENSMITTEL-Industrie zu suchen?

    Pfui Deifel! Boykottiert diese Nahrungsmittel, die diesen Namen nicht verdienen!

  • H
    Hans

    Ich man zieht endlich die Konsequenzen und schließt jegliche Chemiewerke in Deutschland. Und die Mitarbeiter gehören auf die Straße, für diese Mittäter darf kein Steuergeld verschwendet werden!