: Europas Beste
Profi werden wollte sie nie. „Das klingt im Frauenfußball vermessen“, sagt Nadine Keßler. Ehrgeizig trainiert hat die 26-Jährige trotzdem für ihren sportlichen Aufstieg. Heute ist sie nicht nur deutsche Nationalspielerin und Vollzeit-Bundesligistin, sondern auch Europas beste Fußballerin. Eine Jury aus zwölf Journalisten vergab den Uefa-Titel am Donnerstag in Monaco an die Kapitänin des VfL Wolfsburg.
„Für mich ist es eine Belohnung für richtig harte Arbeit“, sagt Keßler, die als Mittelfeldspielerin den Takt der Wölfinnen bestimmt. In der Saison 2012/2013 holte der VfL den historischen Hattrick aus deutscher Meisterschaft, Champions-League- und DFB-Pokalsieg. In der vergangenen Saison verteidigte er die Meisterschale und den Pokal in der Königinnenklasse.
„Kessi ist eine absolute Führungsspielerin, geht immer vorweg und stellt sich vollends in den Dienst der Mannschaft“, lobt Chef-Trainer Ralf Kellermann. Eigentlicher Sieger ist aber die Frauenfußballabteilung des VfL-Wolfsburg. Die Liste der elf Nominierten liest sich fast wie eine Mannschaftsaufstellung der Wölfinnen. Auf Platz sieben landete Alexandra Popp. Die ersten vier Plätze gingen komplett an das VW-Team: Lena Goeßling, Nilla Fischer und Martina Müller mussten sich allerdings Teamkollegin Keßler geschlagen geben. „Unsere Erfolge sind aber eine Teamleistung“, sagt Keßler.
Die Strategie des VW-Konzerns, gute Spielerinnen durch ideale Rahmenbedingungen nach Wolfsburg zu locken, hat sich bezahlt gemacht. Gerade wird eine neue Spielstätte für das Frauenteam gebaut. „Im Frauenfußball gibt es sonst nirgends solche Bedingungen“, sagt Keßler, die ihren Vertrag bis Juni 2015 verlängert hat.
Den souveränen 3:0-Sieg beim Saisonauftakt am Samstag gegen den SC Freiburg musste die Mittelfeldspielerin wegen einer Knieverletzung noch von der Seitenlinie aus beobachten. Auf dem Rasen fühlt sich Keßler wohler: „Ich bin in einer fußballverrückten Familie praktisch auf dem Sportplatz aufgewachsen.“
Nebenbei studierte Keßler Fitnessökonomie und arbeitete bis April zwischen den zwei täglichen Trainingseinheiten in einer Kommunikationsagentur. „Für Frauen ist es schwieriger, die Sportart auszuüben, weil sie auf ein zweites Standbein angewiesen sind.“ Nun konzentriert sich Keßler ganz auf den Sport. Für die Zukunft hat sie hohe Ziele: „Die Titel mit dem VfL werden nie langweilig und dann sind da ja noch die Weltmeisterschaft und Olympia.“
Bei allen Erfolgen ärgert Keßler bis heute die geringe öffentliche Anerkennung für die Leistungen von Fußballerinnen. „Die Wahl ist für mich deshalb auch eine kleine Genugtuung.“ REA