Esther Slevogt betrachtet das Treibenauf Berlins Bühnen:
Und plötzlich ist Weihnachten. In diesem Jahr fällt Heiligabend auf einen Tag, der normalerweise zu den profansten der Woche zählt: auf Montag. Drumherum lauter Feiertage, arbeitnehmerfreundlich nennt man das. Manche jedoch sehen verzweifelt ihre Fluchtwege in den Alltag versperrt. Rettung kann da das reichhaltige Weihnachtsprogramm der Theater bedeuten, das für jede Gemütslage und jeden Geschmack etwas im Angebot hat: angefangen mit Klassikern wie Friedrich Wolfs Geschichte von der Weihnachtsgans Auguste, die erst als bloßer Fleischlieferant für das Weihnachtsmenü gefangen gehalten wird. In letzter Minute jedoch – man hatte schon begonnen, sie zu rupfen – wird sie befreit und darf als fröhliches Familienmitglied an der Tafel Platz nehmen. (Schaubude: „Die Weihnachtsgans Auguste“, 20., 21. & 22. 12. Anfangszeiten: www.schaubude-berlin.de).
Dann gibt’s Charles Dickens’ berühmte Geschichte „A Christmas Carol“ vom hartherzigen Scrooge, der vom weihnachtlichen Geist erfasst und zum guten Menschen wird (Theater Morgenstern: „Ein Weihnachtslied“, 20.–23. 12., 25. & 26. 12., Anfangszeiten: theater-morgenstern.de). Die Märchenhütte im Monbijoupark, wo man sich auf den verstärkten Weihnachtsandrang mit Zusatzvorstellungen eingerichtet hat, bringt üppig ausgestattete Märchen der Brüder Grimm zur Ansicht. (Alle Infos: www.maerchenhuette.de).
Wem das alles zu lieblich ist, der kann sich in der Bar jeder Vernunft am Heiligen Abend von der hartgesottenen Kabarettistin Idil N. Baydar die Besinnlichkeit austreiben lassen. Motto: Weihnachtskugeln zu Handgranaten, die hier natürlich Wortgranaten sind. (Bar Jeder Vernunft: „Gehst Du, Heilige Nacht!“, 24. 12., 22 Uhr). Und wer immer schon wusste, dass die bürgerliche Welt, die ihre glitzernden Fassaden in dieser Jahreszeit besonders haushoch auftürmt, dem Untergang geweiht ist, dem sei am 21. 12. die starbesetzte Uraufführung des neuen Stücks von Moritz Rinke „Westend“ im Deutschen Theater empfohlen, wo auch ein Schönheitschirurg und eine Sängerin an der eigenen Oberflächlichkeit verzweifeln (Deutsches Theater: „Westend“, ab 21. 12., 19. 30 Uhr).
Und dann fängt fast auch schon 2019 an. „Alles Schwindel“ sagt das Gorki Theater in seiner gleichnamigen musikalischen Burleske von Christian Weise + Mischa Spoliansky, mit der es sich in den Strudel der späten 1920er Jahre wirft, die nicht nur aus Gorki-Sicht in ihrem Flimmern, aber auch in ihrer bedrohlichen Fragilität politisch und hedonistisch zarte Ähnlichkeiten zum Heute haben (Gorki-Theater: „Der große Schwindel“, 31. 12., 18 Uhr).
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen