Esther Slevogt betrachtet das Treibenauf Berlins Bühnen:
Die Geschichte machte Weltschlagzeilen: 2011 wurde Dominique Strauss-Kahn, damals Geschäftsführender Direktor des IWF, festgenommen. Ihm wurde vorgeworfen, in einem New Yorker Hotel versucht zu haben, ein Zimmermädchen zu vergewaltigen. Strauss-Kahn, der infolge der Vorwürfe seinen Posten verlor, waren auch zuvor schon verschiedentlich sexuelle Übergriffe vorgeworfen worden. Diesmal trennte sich seine Frau, die prominente Journalistin Anne Sinclair, von ihm, die zuvor stets hinter ihm gestanden hatte. Auf der Basis dieses Falls schrieb der US-Dramatiker John T. Brinkley das Stück „Präsidenten-Suite“, eine spannende Studie über Mechanismen von Einschüchterung und Korruption. Geschickt lässt er zunächst offen, was wirklich passierte, und führt ein effektives wie scheinbar unerschütterbares System von Machtmissbrauch vor: Die Mächtigen, darunter auch der engagierte Anwalt zur Verteidigung des Beschuldigten, bemerken dabei gar nicht, dass ihr System ins Wanken geraten ist. Anfangs stützt selbst die immer wieder hintergangene Ehefrau des Verdächtigten noch dieses System, das ihr auch den eigenen Status garantiert. Im Renaissance-Theater inszeniert jetzt Guntbert Warns die Deutschsprachige Erstaufführung des #MeToo-Dramas, das 2012 beim Edinburgher Fringe Festival uraufgeführt wurde. (Renaissance-Theater: „Präsidenten-Suite“, Premiere 7. 10., 18 Uhr).
Aus einer ganz anderen Perspektive schaut sich das feministische Kollektiv „Sanierte Altbauten“ das Thema Gewalt und Frauen im Ballhaus Ost an: Untersucht wird unter der Überschrift „Aufs Maul“ das Bild der gewalttätigen Frau. Solche Frauen und ihre Taten würden häufig bagatellisiert, lautet die These des Abends, ihr Körper als Gefahr würde nicht ernst genommen. Gleichzeitig seien sie ein skandalöses Kuriosum: Prügelnde Mädchen, eiskalte Rächerinnen, männerfressende Femmes fatales, Kindsmörderinnen und aggressive Feminazis – diese und andere Bilder von Gewalttäterinnen werden der Vorankündigung zufolge in der Performance weitergedacht. (Ballhaus Ost: „Aufs Maul“, 5.–7. 10., jeweils 20 Uhr).
Aufs Maul wollte auch die Außerparlamentarische Opposition den Mächtigen hauen, für die das Signaljahr 1968 steht. Das ist schon ein halbes Jahrhundert her. Im Roten Salon der Volksbühne tritt nun noch einmal ein Protagonist jener Zeit auf, Willi Jasper. Der Publizist und Literaturwissenschaftler teilt im Gespräch mit Alan Posener unter der Überschrift „Der gläserne Sarg. Erinnerungen an 1968 und die deutsche ‚Kulturrevolution‘“ seine Geschichte mit uns (Volksbühne Roter Salon: „Der gläserne Sarg“, 5. 10., 20 Uhr).
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