: Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen
Wir versinken immer tiefer in virtuelle Welten. Gleichzeitig nimmt unsere verständliche Sehnsucht nach dem Echten zu. Hier setzt „Best Before“, die neue Theaterproduktion der Authentizitätssucher von Rimini Protokoll, an, die nun ihr Publikum zu Mitwirkenden eines Videospiels machen, in dem sich das Physische mit dem Virtuellen verbindet. Die Inszenierung, im kanadischen Vancouver entstanden, hat am Freitag im HAU 1 seine Europapremiere. Als Gastspiel kommt in dieser Woche eine der insgesamt sieben Uraufführung des zweitägigen Theatermarathons „Odyssee Europa“ aus der Kulturhauptstadt Ruhr 2010 nach Berlin: Christoph Ransmayrs Variation des Odysseus-Stoffes „Odysseus, Verbrecher“, welche die Geschichte des listigen Troja-Kriegers erzählt, der nach seiner Rückkehr nicht mehr ins zivile Leben zurückfinden kann und weiter mordet. Am Mittwoch und Donnerstag ist Michael Gruners Inszenierung im Berliner Ensemble zu sehen. Dabei wohnt doch in jedem insgeheim die Sehnsucht nach Normalität. Das zumindest ist der Standpunkt, auf dem der Theaterabend „Sehnsucht nach Familie Krause“ seine szenischen Visionen entfaltet, der ab Freitag im Theaterdiscounter zu sehen ist. Darin forscht die Formation Schauplatz International den Vorbildern der Firma Preiser nach, wie man liest, der Welt größter Produzent von Modellfiguren, um das Rätsel der Sehnsucht nach dem Normalen zu lösen. Was ist das für eine Welt, die da im Maßstab 1:18 reproduziert wird? In ganz andere Sphären führt Calixto Bieitos rasante wie umstrittene Inszenierung von Mozarts Singspiel „Entführung aus dem Serail“, die in diesem Monat in einer Wiederaufnahme noch einmal auf dem Spielplan der Komischen Oper steht und deren Erotik und Freizügigkeit ihr eine Art empfohlener Altersfreigabe ab 18 Jahren eingebracht hat.
■ „Best Before“: HAU 1, Fr.–So.
■ „Odysseus, Verbrecher“: Berliner Ensemble, Mi. + Do.
■ „Sehnsucht nach Familie Krause“: Theaterdiscounter, ab Fr.
■ „Entführung aus dem Serail“: Komische Oper, 12., 15. und 22. Mai