: Es platzt aus allen Nähten
■ Das Museum für Kunst und Gewerbe strebt eine privat finanzierte Erweiterung an
Dem Engagement Hamburger Bürger verdankt das Museum für Kunst und Gewerbe gleich hinter dem Hauptbahnhof seine Entstehung. Schon dem Initiator und ersten Direktor des Hauses Justus Brinckmann (1843–1915) gelang es, private Förderer an das Museum zu binden. Daran hat sich bis heute nichts geändert. „Wenn der Staat aus finanziellen Gründen nur noch wenig tun kann, muß man eben woanders das Geld besorgen. Die Mär von den Hamburger Pfeffersäcken kann ich nicht mehr hören. Hamburg ist hinsichtlich seiner Mäzene ein blühendes Pflaster“, sagt Museumsdirektor Wilhelm Hornbostel. Mit Hilfe von privaten Geldgebern strebt Hornbostel nun einen Erweiterungsbau an.
Das 1877 eröffnete Museum für Kunst und Gewerbe verfügt über beachtliche Bestände aus 5.000 Jahren Weltkulturgeschichte. Die breitgefächerten Sammlungen antiker, europäischer und ostasiatischer Kunst, darunter die nach Fachleuten bedeutendste Jugendstil-Sammlung Deutschlands und eine der umfangreichsten Plakatsammlungen der Welt, sind in rund hundert Ausstellungsräumen und etwa 20 Magazinen auf drei Stockwerken des ehemaligen Schulgebäudes untergebracht. Mit zahlreichen Sonderausstellungen, Konzerten und Lesungen im Spiegel-saal sowie der Jahresmesse der norddeutschen Kunsthandwerker lockt das Museum jährlich zwischen 200.000 und 300.000 Besucher an.
Das Museum, das derzeit saniert wird und 1997 in neuem Glanz erstrahlen soll, platzt laut Hornbostel jedoch aus allen Nähten. „Wir brauchen dringend einen Erweiterungsbau mit rund 5.000 Quadratmetern, damit wir unsere Bestände präsentieren und unsere zum Teil hochempfindlichen Sammlungen wie die Textilabteilung fachgerecht unterbringen können.“ Der Museumsdirektor ist sicher: „Den Neubau müssen wir aus eigener Kraft schaffen – ohne einen Pfennig vom Staat. Auch die laufenden Kosten müßten wir später überwiegend mit Privatgeldern finanzieren.“ Hornbostel rechnet mit 15 bis 20 Millionen Mark für den angestrebten Neubau und ist seit einiger Zeit in Kontakt mit möglichen Investoren.
Am liebsten wäre es Hornbostel, einen mehrstöckigen Gemischtbau mit Museums- und Büroräumen auf dem städtischen Nachbargrundstück zu errichten, wo jetzt das Automuseum von Wiebke Hillers zu finden ist. Hornbostel möchte die Museumsbesitzerin als Bundesgenossin gewinnen. „Wir könnten ihre Automobilsammlung unter ihrem Namen und Einnahmebeteiligung übernehmen und als Designerobjekte präsentieren“, erläutert Hornbostel. Bis zur Realisierung seines Wunschtraums hat der Museumsdirektor allerdings noch eine Menge Überzeugungsarbeit zu leisten. Wiebke Hillers hat nach eigenen Angaben „bislang nur mal locker mit Herrn Hornbostel darüber gesprochen und noch gar nicht richtig über die Idee nachgedacht“.
lno
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