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„Es ist furchtbar, Gott zu spielen“

■ UKE: Frau starb nach Leberspende / Ärzte stoppten das Programm

Ein Tod, der vermeidbar gewesen wäre? Die Ärzte aus der Unikinik Eppendorf (UKE) sagen nein: Die 29jährige Sabine Sch. sei an einer „schicksalhaften Komplikation, einer fulminanten Lungenembolie, die nicht zur beherrschen war“, gestorben. Sie ist die erste Leber-Lebendspenderin unter weltweit 250 Spendern, die nach der Teilentnahme ihres Organs verstarb. Sie hatte auf der Transplantation bestanden, weil ihr 16 Monate alter Sohn sonst keine Überlebenschance gehabt hätte.

Die Operation ist im Juli durchgeführt worden, aber erst, so erklärte Professor Martin Burdelski (UKE-Kinderklinik) gestern vor der Presse, nachdem die Mutter gedrängt habe, sie als Spenderin zu akzeptieren. Noch im Herbst 1992 hatte man abgelehnt: Sie war übergewichtig und das Operationsrisko damit zu hoch. Nachdem Sabine Sch. sechs Kilo abgenommen und, so Burdelski, das Arztteam eine „neue Risikoabwägung“ vorgenommen hatte, wurde der Eingriff vorgenommen. Sabine Sch. starb in der Nacht nach der Operation. Übergewicht, so räumte das UKE gestern ein, erhöhe das Embolie-Risiko. Dem Sohn gehe es aber gut.

Das Verfahren der Verwandten-Lebendspende ist noch in der Erprobungsphase. Professor Christoph Brölsch hatte es 1991 aus Chicago ins UKE mitgebracht und es bei der Ethik-Kommission der Hamburger Ärztekammer als Programm angemeldet. In der Bundesrepublik wird es nur in Hannover und im UKE praktiziert – das Hamburger Programm, so Burdelski, gelte weltweit als Vorbild für andere Transplantationszentren.

Die Ergebnisse, so beteuerte das UKE-Ärzteteam gestern, seien bislang positiv. Die Überlebensrate der „Programm-Kinder“ liege bei 82 Prozent, zehn Prozent über den Ergebnissen bei „Normalspenden“ (Leichenentnahme). Solche Organe habe man nur für sechs Kinder gefunden, 22 seien mit Spenderorganen von Verwandten versorgt worden. 95 leberkranke Kinder stünden immer noch auf der Warteliste. Deren Überlebenschancen sind nach Ansicht der Ärzte ohne Transplantation „gleich Null“: Nach dem Tod von Sabine Sch. wurde das Programm gestoppt. Jetzt sollen erneut alle Risikofaktoren überprüft werden. Professor Burdelski: „Es ist eine furchtbare Sache, Gott zu spielen, aber die Lebendspende entlastet uns etwas.“

Sannah Koch

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