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Archiv-Artikel

Erwin Teufel kann viel. Aber was will er?

Baden-Württembergs Ministerpräsident plant eine Kabinettsumbildung. Innenminister Schäuble und Wirtschaftsminister Döring hören auf. Und die neue Mannschaft wird ein Indiz dafür sein, ob der Regierungschef 2006 noch mal antreten wird

VON PATRICK GRIESSER

Erwin Teufel, der Ministerpräsident Baden-Württembergs, pflegt gern einmal eine undurchschaubare Miene aufzusetzen: Eine Besuchergruppe aus dem Schwäbischen hat ihn kürzlich mit einem Ständchen vor der Landesvertretung in Berlin überrascht. Während des Volksliedes „Erlaube mir, feins Mädchen“ lauschte Teufel mit ernstem, fast versteinertem Gesicht. Was den Landeschef bewegte, war nicht zu erkennen. Auch mancher Minister der Teufel-Regierung rätselt dieser Tage, was die Gedankenspiele des Ministerpräsidenten betrifft, denn für den 14. Juli hat er eine Kabinettsumbildung angekündigt.

Ursprünglich war die Umbildung der Landesregierung für den Herbst diesen Jahres geplant. Doch der Rücktritt des bisherigen Wirtschaftsministers Walter Döring (FDP) brachte Teufel in Zugzwang und so wird die Umbildung bereits zu einem früheren Zeitpunkt notwendig. Seit klar ist, dass Teufel noch vor der Sommerpause neue Mitstreiter ins Boot holt, wird viel spekuliert über die Verteilung der Ministerposten, auch weil diese mit Blick auf den Wahlkampf 2006 eine wichtige Rolle spielen können. Es steht die Frage im Hintergrund, ob Teufel noch einmal zum Wahlkampf antreten wird oder nicht. Seine Entscheidung will Teufel erst im Frühjahr 2005 verkünden. Am Ausmaß der Kabinettsumbildung lässt sich jedoch ablesen, ob Teufel nur die Zeit bis zum eigenen Abschied überbrücken will – oder mit einem runderneuerten Team eine weitere Legislatur anpeilt.

Bisher gelten bloß zwei Personalentscheidungen als sicher: Der bisherige FDP-Fraktionsvorsitzende Ernst Pfister wird Nachfolger von Wirtschaftsminister Döring, der über die umstrittene Finanzierung einer Meinungsumfrage stürzte, und Innenminister Thomas Schäuble (CDU) wird seinen Posten räumen. Der amtsmüde Schäuble, jüngerer Bruder von Wolfgang, wird wohl im Herbst an die Spitze der landeseigenen Brauerei „Rothaus“ rücken. Die schreibt nicht nur schwarze Zahlen, sondern machte sich auch mit ihrem „Tannenzäpfle“ über die Landesgrenzen hinaus einen Namen.

Jüngst hat auch Umwelt- und Verkehrsminister Ulrich Müller (CDU) seinen Abschied aus der Politik angekündigt. Müller will sich spätestens 2006 zurückziehen. Er hat jedoch signalisiert, dass er bereit ist, bereits jetzt auf seinen Posten zu verzichten, wenn Teufel sein Kabinett für einen weiteren Wahlkampf rüsten will. Neben Müller könnten auch die Unions-Minister Friedhelm Repnik (Soziales) und Willi Stächele (Ernährung und Ländlicher Raum) aus dem Kabinett ausscheiden. Teufel hat zwar angekündigt, sich erst im Frühjahr zu seiner Kandidatur erklären zu wollen. Sollten jedoch weitere Minister, wie Repnik oder Stächele, durch jüngere Nachfolger ersetzt werden, wäre das wohl ein Signal an seine potenziellen Nachfolger: Teufel könnte sich dann mit einem frischen Stab an Mitarbeitern auf einen weiteren Wahlkampf vorbereiten.

Tritt Teufel nicht mehr an, wird sich die Frage nach dem Spitzenkandidaten der CDU voraussichtlich zwischen dem Fraktionschef Günther Oettinger und Kultusministerin Annette Schavan entscheiden. Um diese Nachfolgefrage ist ein Platzierungskampf im Südwesten der Republik entbrannt, der jedoch zumeist im Verborgenen vor sich geht. Von der SPD-Fraktionsspitze ist zum Wettstreit zwischen Schavan und Oettinger zu hören: „Uns wäre Teufel als Spitzenkandidat der CDU lieber.“ Nicht zuletzt wegen seines kantigen Profils, das der SPD-Kandidatin Ute Vogt die Abgrenzung erleichtern würde.

Einen Wahlkampf zwischen Schavan und Vogt ist derzeit noch unwahrscheinlich. Ein Indiz für Schavans Chancen wäre die Zusammenlegung von Wissenschafts- und Kultusministerium, über die in Stuttgart spekuliert wird. Die Zusammenlegung wäre eine Richtungsentscheidung: Von der Spitze eines Großministeriums könnte Schavan leichter den Sprung zur CDU-Spitzenkandidatur schaffen. Gemutmaßt werden darf, ob sich dann nicht auch Teufel irgendwann offen für Schavan aussprechen wird – vielleicht angeregt durch einen beschwingten Liedbeitrag: „Erlaube mir, feins Mädele.“ Inoffiziell ist längst bekannt, dass Teufel Annette Schavan dem Fraktionsvorsitzenden Oettinger vorziehen würde.