Erweiterungspaket für "World of Warcraft": Monster und tote Ritter
Endlich ist das Erweiterungspaket für das Online-Rollenspiel "World of Warcraft" verfügbar. Tausende Spieler standen in der Nacht zum Donnerstag Schlange, um eine Kopie zu ergattern.
Es war ein echtes Happening: Allein in Berlin sollen rund Tausend Freunde des Online-Rollenspiels "World of Warcraft" (WOW) in der Nacht zum Donnerstag in Elektrofachmärkten angestanden haben, um eine Kopie des neuen Erweiterungspakets "The Wrath of the Lich King" zu erwerben. Bundesweit waren an der Aktion über 100 Läden beteiligt, die extra gegen 0 Uhr öffneten. Das Verkaufsevent lief zeitversetzt in anderen Teilen der Welt ab, auch in den USA wurde das Spiel pünktlich zum 13. November unter großem Fanjubel vorgestellt.
Blizzard Entertainment, der in den USA beheimatete Hersteller, soll nach vorläufigen Zahlen in der ersten Nacht allein in Europa mindestens 500.000 Kopien verkauft haben, in den nächsten Tagen dürften es noch deutlich mehr werden. Die Zielgruppe ist groß: 11 Millionen Abonnenten weltweit zahlen monatlich einen Betrag von knapp 13 Euro oder besorgen sich entsprechende Prepaid-Karten, um an dem Online-Fantasy-Abenteuer teilzunehmen. Längst hat die virtuelle "Bevölkerung" von WOW die von Ländern wie Österreich überholt.
Die dreidimensionale Rollenspielwelt glänzt mit breiten sozialen Elementen. In zwei elementare Fraktionen aufgeteilt, die "Horde" und die "Allianz", tun sich Spieler in kleineren Gruppen zusammen, die dann gemeinsam auf Monsterhatz gehen. Sie können sich über Chat-Kanäle zusammenfinden und unterhalten. Außerdem existiert ein lebendiger Markt, der sich mit Fug und Recht als virtuelle Wirtschaft bezeichnen lässt: Ausrüstungsgegenstände vom Schwert bis zur Rüstung werden untereinander getauscht. In China leben ganze Firmenclans vom so genannten "Gold-Farming", bei dem bezahlte Spieler 12 Stunden am Tag nichts anderes tun, als virtuelle Monster zu killen. Die dabei erworbene Spielewährung lässt sich dann auf speziellen Marktplätzen verkaufen. Selbst ganze Accounts mit hohen Spielestufen werden gehandelt, für den bislang teuersten wurden 7000 Euro bezahlt. Hersteller Blizzard ist von diesem Schwarzmarkt allerdings weniger begeistert und versucht, ihn mit entsprechenden Vorgaben zu unterbinden.
"Wrath of the Lich King", was zu Deutsch so viel wie "Der Zorn des Lich-Königs" bedeutet, ist bereits die zweite Erweiterungspackung für "WOW". Im Januar 2007 erschien bereits "The Burning Crusade", das sich ebenso wie das Ursprungsspiel als Bestseller erwies. "Lich King" bietet ein verbessertes Level-System, eine neue Klasse namens "toter Ritter", einen komplett neuen Spielekontinent namens Northrend und zahlreiche neue Gegenstände, Kreaturen, Abenteuer (so genannte Quests), Waffen und Zaubersprüche. Wer möchte, kann künftig außerdem zerstörbare Burgen und andere Anlagen belagern. Außerdem verspricht Hersteller Blizzard eine verbesserte Grafik mit hübscheren Schatten-, Wasser- und Flammeneffekten sowie mehrere neue Fraktionen im Spiel. Bevor "Lich King" erschien, ging ein langer Alpha- und Betatest voraus. Bereits im Juli konnten sich Spieler um die Teilnahme bewerben, um dann im August erstmals in die neue Welt hineingelassen zu werden. Letzte Probleme wurden dann in den vergangenen Wochen ausgebügelt.
"WOW" dürfte sich auch mit dem neuen Erweiterungspaket als Goldgrube für Blizzard erweisen. Neben den 13 Euro monatlich zahlen Fans mindestens 35 Euro für "Lich King", wenn sie nicht noch zur 70 Euro teuren Sonderedition greifen, die auch noch ein Mauspad, ein Kunstbuch, eine Musik-CD sowie ein "exklusives Spielehaustier" enthält, das man in der virtuellen Welt adoptieren kann. Auch "Lich King" wird wie frühere "WOW"-Versionen parallel für Windows- und Macintosh-Rechner angeboten. Die Erweiterung funktioniert nur, wenn man die Urversion des Spiels besitzt, die allerdings bereits für 12 Euro verkauft wird. Blizzard hat zum Betrieb von "WOW" eine große Serverinfrastruktur aufgebaut, deren Benutzung man sich mit der Monatsgebühr bezahlen lässt.
Erste Kritiken für "Lich King" fielen in der Spielepresse positiv aus. Allerdings beklagten sich Spieler darüber, dass Blizzard mit dem Erweiterungspaket noch mehr Kapital aus der bestehenden Zielgruppe holt. "Treue WOW-Esel wie ich werden der Karotte am Stiel wahrscheinlich wieder folgen und hoffen, dass es wieder so spaßig wird wie es einst war", schreibt einer beim E-Commerce-Portal Amazon.de.
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