piwik no script img

Erschrocken und entsetzt

Betr.: „Letzte Galgenfrist für Schwestern“, taz hamburg v. 22. 10. 2003 – Brief an Wolfhard Ploog, Vorsitzender des Petitionsausschusses der Bürgerschaft

Sehr geehrter Herr Ploog, nachdem ich heute der Tagespresse entnommen habe, dass die beiden Kinder Gifty und Sylvia Oppong nach Ghana abgeschoben werden sollen, bin ich einfach nur erschrocken und entsetzt darüber, auf welches Niveau die politische Kultur in Hamburg gesunken ist. Mit solchen Entscheidungen werden Schlagworte wie „Weltoffenheit und Toleranz in der Freien und Hansestadt Hamburg“ zu leeren Floskeln, die nicht das Papier wert sind, auf dem sie geschrieben stehen. Man sollte die Mitglieder des Petitionsausschusses, die für eine Ausweisung plädiert haben, darum bitten, solche Worte zukünftig nicht mehr in den Mund zu nehmen; sie wissen schlichtweg nicht, wovon sie reden. (...) Die Absurdität politischer und verwaltungstechnischer Entscheidungen, die außerdem von Steuergeldern bezahlt werden müssen, als hätten wir im Überfluss davon, trägt wahrlich immer neue Blüten. (...)

Erschreckend ist eben auch die Tatsache, dass diese Kinder überhaupt zum Spielball von Parteiinteressen und symbolischer Politik und Opfer eines undurchsichtig-bürokratischen Verwaltungsverfahrens geworden sind, das jegliche Großmut und Freigebigkeit, geschweige denn Humanität und Menschenwürde vermissen lässt. Ich frage mich, welchen Sieg tragen Mitglieder des Petitionsausschusses davon, wenn sie sich auf diese Weise an Kindern vergreifen. Wozu brauchen wir eigentlich noch eine solche Institution, wenn nicht einmal Kinder vor Abschiebung geschützt werden können? Wie weit werden politische Entscheidungsträger noch gehen, um auf den Rücken hilfloser Menschen populistische Politik zu betreiben und wiedergewählt zu werden?

Wenn die Bürgerschaftsfraktionen aus CDU, Schill-Partei und FDP sowie die Senatsmitglieder an sich selbst doch auch so hohe Maßstäbe setzen würden, dann wären sicherlich auch einige Abschiebungen aus politischen Ämtern fällig. Mit einem verzweifelten Appell an das politische Gewissen und an die Zivilcourage verbleibt hochachtungsvoll Hergen Hillen