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Erhöhung der EU-BeamtengehälterEU-Kommission reicht Klage ein

Um eine Gehaltserhöhung von 3,7% durchzusetzen, ziehen Beamte vor den Europäischen Gerichtshof. Ein Streik bleibt aufgrund hoher Erfolgsabsichten jedoch unwahrscheinlich.

Protestierten bereits im Dezember in Brüssel: 3,7 Prozent mehr Gehalt wollen die Beamten der EU-Kommision erhalten. Bild: dpa

BRÜSSEL/FRANKFURT apd/dpa/taz | Die EU-Kommission will gegen den Widerstand der EU-Mitglieder mehr Gehalt für ihre Beamten durchsetzen und dafür vor den Europäischen Gerichtshof ziehen.

Sie hatte am Mittwoch angekündigt zu klagen, um eine Gehaltserhöhung von 3,7 Prozent rückwirkend zum 1. Juli 2009 durchzusetzen. Die 27 EU-Mitgliedsstaaten hatten zuvor gefordert, die Gehälter wegen der Wirtschaftskrise nur um 1,85 Prozent zu erhöhen.

Die Kommission betonte, es gehe ihr nicht um höhere Gehälter für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sondern ums Prinzip. Die Gehaltserhöhungen für die insgesamt rund 50.000 Beschäftigten von Kommission, EU-Ministerrat, Europaparlament und den angeschlossenen Behörden richten sich nach einem schon vor Jahren von den EU-Regierungen selbst festgelegten Mechanismus. Er soll dafür sorgen, dass Gehaltssteigerungen in den Mitgliedstaaten mit rund einem Jahr Verzögerung auch bei den EU-Beschäftigten ankommen. Hinzu kommt ein Ausgleich für den Anstieg der Lebenshaltungskosten in Brüssel.

Im Streit über die Gehaltserhöhungen der rund 50 000 EU-Beamten hat die deutsche EU-Abgeordnete Inge Gräßle (CDU) vor neuen Belastungen für die europäischen Steuerzahler gewarnt. "Nach meinen Berechnungen würde eine Gehaltserhöhung um 3,7 Prozent rund 220 Millionen Euro zusätzlich kosten. Diese Anhebung würde richtig teuer für den Steuerzahler. Da hängen ja noch eine Menge Vergünstigungen dran", sagte Gräßle, die Sprecherin der konservativen Mehrheitsfraktion EVP im Haushaltskontrollausschuss des EU-Parlaments ist.

Neben dem Grundgehalt erhalten die EU-Beamten noch eine Reihe steuerfreier Zulagen. Die Gehälter werden aus dem 123 Milliarden schweren EU-Haushalt finanziert. Deutschland zahlt darin mit rund einem Fünftel der Gesamtsumme am meisten ein.

Ein erneuter Streik der Beamten ist jedoch mit der Klage unwahrscheinlicher geworden. Das verlautete am Donnerstag aus der Beamtengewerkschaft Union Syndicale, der derzeit größten EU-Beamtengewerkschaft mit rund 8000 Mitgliedern. "Die Klage ändert die Lage", sagte Union-Syndicale-Generalsekretär Günther Lorenz. "Die meisten von uns gehen davon aus, dass diese Klage wahrscheinlich erfolgreich sein wird." Im Dezember war es noch vereinzelt zu Arbeitsniederlegungen der EU-Mitarbeiter gekommen.

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3 Kommentare

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  • BB
    Bernd Brot

    Ich kann mich meinem Kollegen nur anschliessen. Mehr Sorgfalt bei der Berichterstattung würde eine anderes Bild erscheinen lassen. Mit Ausnahme der Frankfurter Rundschau hat sich keine Zeitung - von BLÖD bis Spiegel - die Mühe gemacht, den Sachverhalt zu recherchieren.

    Es ist sogar vielmehr davon auszugehen, dass die Berichterstattung von interessierter Seite vorsâtzlich mit falschen Informationen beeinflusst wird. Die Rolle der "Diplomaten" bei diesem Skandal wird überhaupt nicht beleuchtet.

    Stark verkürzt, und dabei nicht weniger wahr, ist das Endziel dieser Kampagne wie folgt zu beschreiben: Die europäische Verwaltung soll zum Schosshündchen der grossen EU-Bestimmer zusammengestutzt werden. Handverlesene "Policy-maker" bleiben übrig und der überflüssige Rest wird der allgemeinen Privatisierung öffentlicher Verwaltungen zum Frass vorgeworfen. Engagierte Experten, die die Interessen der europäischen Bürger vertreten und z.B. gegen Giganten wie MicroSoft ermitteln, sind nicht (mehr) erwünscht. Gute Nacht !

  • R
    redaktion

    Ist korrigiert, danke.

  • E
    EU-Beamter

    Etwas mehr Sorgaflt beim Formulieren wäre bei einer Zeitung nicht schlecht: Es geht hier nicht um Abgeordnete, sondern um Beamte. Nicht diese, sondern die Kommission klagt. Und die Streiks sind unwahrscheinlicher geworden wegen der guten Erfolgsaussichten und nicht wegen der Erfolgsabsichten. Die Absichten gibt es nämlich immer, wenn jemand vor Gericht zieht; bei den Aussichten hingegen sieht es meistens nicht so gut aus.