: Erhardt: Preußische Akademie ist aufgelöst
Berlin. Die 1700 als Kurfürstlich- Brandenburgische Sozietät gegründete Ost-Akademie der Wissenschaften ist nach Ansicht des Berliner Wissenschaftssenators Manfred Erhardt (CDU) praktisch aufgelöst. Die neu zu errichtende Akademie der Wissenschaften Berlin/Brandenburg ist »Funktionsnachfolgerin« und nicht Rechtsnachfolgerin der Gelehrtensozietät, sagte Erhardt gestern vor der Presse. Die neue Akademie solle Bibliothek, Archiv und Langzeitvorhaben übernehmen, aber nicht die verbliebenen Mitarbeiter und ihre wissenschaftlichen Mitglieder.
Das Land Brandenburg ist bereit, ab 1992 die neue Akademie zusammen mit Berlin im Verhältnis ein zu zwei Dritteln mitzutragen, sagte Senator Erhardt in der Einjahresbilanz der Wissenschaftspolitik für Berlin.
Zur Abwicklung der Ost-Akademie werden nur noch drei Stellen drei Monate lang bezahlt und laufen dann nach Erhardts Ansicht »automatisch aus«.
Obwohl weder ein Errichtungsgesetz, noch ein Staatsvertrag mit dem Land Brandenburg existiert, vertritt Wissenschaftssenator Erhardt die Auffassung, die von dem Rostocker Mediziner Horst Klinkmann geleitete Akademie der Wissenschaften habe laut Einigungsvertrag zum 31. Dezember 1991 aufgehört zu existieren. Den Finanzbedarf für den Hochschulausbau in der Stadt bezifferte Erhardt auf vierhundertundzwanzig Millionen Mark pro Jahr für die kommenden zehn Jahre. Im Vergleich dazu waren in West-Berlin bislang pro Jahr zweihundert Millionen Mark ausgegeben worden. Zu den Hauptfinanzierungsprojekten gehört der Umzug der naturwissenschaftlichen Fachbereiche der Humboldt- Universität auf das Gelände der ehemaligen Ost-Akademie in Adlershof mit Kosten von schätzungsweise über siebenhundert Millionen Mark.
An der Humboldt-Universität haben bislang an zwanzig Fachbereichen Struktur- und Berufungskommissionen ihre Arbeit aufgenommen, sagte Manfred Erhardt. Fünf weitere Fachbereiche würden demnächst nachziehen.
Bislang seien von diesen Kommissionen dreiunddreißig Rufe auf sogenannte C-Professuren ergangen, die von zwölf Wissenschaftlern angenommen wurden.
Nach Berechnung von Experten müßten bis zum Sommer zweihundert Professoren nach bundesdeutschem Recht an der Humboldt-Universität angestellt sein, um die Selbstverwaltungsgremien funktionstüchtig zu machen. Zu DDR-Zeiten eingestellten Professoren haben in den neuen Strukturen kein Mitbestimmungsrecht. dpa
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