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Erhalten, Zerstören, Verändern

■ Denkmäler in der DDR — eine Ausstellung

Eben noch ist das »Kampfgruppendenkmal« am Prenzlauer Berg beschmiert, kurz zuvor eine Plastik aus den Fundamenten gestoßen worden. Gleichzeitig richten sich Aggressionen gegen Tafeln für einstige Grenzsoldaten nahe dem früheren Mauerverlauf. In der Dimitroffstraße sind von einem Gedenkstein für Antifaschisten die Namen der Ermordeten abgeschlagen worden. Nächtlich zerplatzen an vielen Denkmälern Schultheiss- Bierkästen und Farbeier. Eberhard Elfert ist Mitglied der Gruppe »Initiative politische Denkmäler der DDR«, die sich aus Kunstgeschichtsstudenten aus Ost- und West-Berlin zusammensetzt. Um dem Abbau von Symbolen der DDR-Geschichte Einhalt zu gebieten, fordert die Gruppe nicht allein eine breite öffentliche Diskussion, sondern will mit der Ausstellung Erhalten, Zerstören, Verändern · Denkmale der DDR in Ost-Berlin, die im Heimatmuseum Prenzlauer Berg gezeigt wird, mit Fotografien und Modellen die Geschichte der Denkmäler, ihre Verwüstungen, die offizielle Demontage und den heimlichen Abbau dokumentieren, der bis dato nicht gestoppt werden konnte. Dabei geht es sowohl um die massigen Kolosse von Thälmann und Lenin, die wie fossile Saurierskelette die Stadtkulisse prägen, als auch um Gedenktafeln und -stellen, die an vielen Häusern der Stadt auf die Geschichte der DDR hinweisen und dem Verschwinden durch »schleichenden Abbau« recht nahe sind. Ob die Denkmäler nun allein als Stellvertreter einer abgesetzten politischen Macht und Ausfluß reglementierter Staatskunst zu bewerten und daraufhin abzuschieben sind oder ob sie nicht doch auch als Zeugnisse und Chiffren der allgemeinen Duldung und der Gleichgültigkeit zu einer Reflexion über die jüngste Vergangenheit taugen, steht zur Diskussion. Im schönen Heimatmuseum erscheinen die Kolosse durch die ästhetische Vermittlung der Fotografien und die Präsentation kleiner putziger Modelle, umstellt von winzigen Büsten und komischen Bilderbüchern, die an die Geschichten der Denkmalenthüllungen erinnern, wie unschuldige Anachronismen aus einer anderen Welt, die man ruhig in Ruhe lassen könnte, stören sie doch niemanden mehr angesichts der Komik, die ihnen eigen bleibt. Gleichzeitig aber tritt die Ausstellung nicht nur für den Erhalt der steinernen Riesen und eine kleinkarierte Stadtmöblierung ein, die von der gescheiterten Realisierung des Sozialismus zeugen, sondern präsentiert Denkmäler des Widerstands gegen das NS- Regime, die ebenso gefährdet sind. Ihre Botschaft ist im Unterschied zu der von Kampfgruppen und SED- Losungen nicht ungültig geworden und wirbt für einen Konsens, der immer noch nötig scheint. rola

Heute findet um 18 Uhr im Kulturhaus im Ernst-Thälmann- Park eine Diskussionsveranstaltung zum Thema Politische Denkmäler in Ost und West statt (Dimitroffstraße 101, Berlin 1055).

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