Erfolgloser Protest: Räumung mit dem Brecheisen

In Wilhelmsburg blockierten 150 AktivistInnen die Zwangsräumung eines Mieters. Die Genossenschaft setzt die Räumung mit Hilfe der Polizei durch.

Protest im Treppenhaus: UnterstützerInnen versuchen, die Räumung zu verhindern. Bild: Joto

HAMBURG taz| Mit 200 PolizeibeamtInnen und einem Brecheisen hat der „Bauverein Reiherstieg“ am Montag Mittag eine Zwangsräumung in Wilhelmsburg durchgesetzt. Der Mieter Heiko Götz wurde nach 15 Jahren aus seiner Genossenschaftswohnung im Otterhaken geräumt, weil er seine Miete mehrmals verspätet bezahlt hatte. Die Mietschulden hat Götz schon lange beglichen, aber die Genossenschaft „Bauverein Reiherstieg“ empfand das Mietverhältnis als „so zerrüttet“, dass man sich zur Zwangsräumung entschieden habe, erklärte der Genossenschaftsvorstand Thorsten Schulz gegenüber der taz.

Ganz einfach durchzusetzen war die Zwangsräumung jedoch nicht: Ein Bündnis aus NachbarInnen und UnterstützerInnen hatte für die Blockade der Zwangsräumung mobilisiert. Nach taz-Schätzungen waren etwa 180 Menschen der Aufforderung nachgekommen und hatten sich im Laufe des Vormittags im Otterhaken eingefunden. „Zwangsräumen is nich“ und „Heiko bleibt“ stand auf ihren Schildern und Transparenten. Während die AktivistInnen im Regen vor dem Haus den Eingang blockierten, versperrten drinnen etwa 50 Menschen die Treppen zu Götz’ Wohnung im zweiten Stock.

So konnte der Gerichtsvollzieher zum angekündigten Termin um 11.30 Uhr nicht in die Wohnung gelangen und zog sich mit einem Mitglied des Bauvereins zur Besprechung zurück. „Abbrechen!“, forderten die DemonstrantInnen. Stattdessen suchten die PolizistInnen im zweiten Anlauf den Weg über den Hinterhof und brachen schließlich unter lautem Protest die Tür zum Treppenhaus auf. Drinnen setzten sie Pfefferspray gegen die BlockiererInnen ein. Zwei DemonstrantInnen wurden verletzt. Die PolizeibeamtInnen mussten die BlockiererInnen einzeln aus dem Treppenhaus tragen, bis sie anderthalb Stunden später die Wohnung erreichten. Götz leistete keinen Widerstand.

Draußen wandte er sich an die AktivistInnen: „Ohne die ganze Unterstützung hätte ich das nicht durchgehalten“, sagte er per Megafon und bedankte sich für die Zivilcourage. Die Geschäftsstelle des Bauvereins Reiherstieg blieb unterdessen am Montagnachmittag „aus Sicherheitsgründen“ geschlossen. In einer Stellungnahme auf seiner Homepage erklärte der Bauverein: „Zur Räumung war es von Nöten, einen Strafantrag wegen Hausfriedensbruch zu stellen.“ Zudem nahm er Bezug auf den Vorwurf der AktivistInnen, durch sein Verhalten zur Wohnungsnot beizutragen. „Zur Wohnungsnot tragen wir mit dieser Maßnahme nicht bei, da zum einen 300 Mitglieder derzeit auf eine Wohnung beim Bauverein warten, zum anderen die Mietpreispolitik der Genossenschaft eine moderate ist.“

Ein Gespräch zwischen Götz und dem Genossenschaftsvorstand war am Donnerstag nicht zustande gekommen – der Vorstand hatte den vereinbarten Termin kurzfristig abgesagt. Trotz der Zwangsräumung werteten die AktivistInnen die Aktion als Erfolg. „Der Protest hat gezeigt, dass Zwangsräumungen nicht ohne Weiteres hingenommen werden“, sagte ein Sprecher der Gruppe zur taz. „Das ermutigt uns, weiterzumachen.“

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