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Erfolg für Verleger im UrheberrechtKopieren geht, herunterladen nicht

Das Frankfurter Landgericht verbietet einer Unibibliothek, Digitalversionen von Büchern als Downloads anzubieten. Die Studenten müssen jetzt wieder in der Bibliothek lesen gehen.

Mit der Aktion protestiert die Initiative "Verlage und Wissenschaftler für ein faires Urheberrecht". Bild: dpa

BERLIN taz | Die Bibliothek der TU Darmstadt darf ihren Studenten in Zukunft nicht mehr ermöglichen, Digitalversionen von Büchern mit nach Hause zu nehmen. Zu diesem Urteil kam am Donnerstag das Landgericht Frankfurt am Main.

Die Landes- und Universitätsbibliothek hatte ihren Studenten bisher ermöglicht, eine digitale Version von ungefähr 100 Büchern herunterzuladen. Sieben Computer standen den Studenten in der Bibliothek zur Verfügung, um die Bücher kapitelweise auszudrucken oder auch mittels eines USB-Sticks eine elektronische Version der einzelnen Kapitel mitzunehmen. Das Fazit des Frankfurter Gerichts: Kopieren geht, in digitaler Form nach Hause nehmen nicht.

Das Urteil war mit Spannung erwartet worden. Denn seit Wochen tobt in der Verlagsszene und der Internetwelt ein Streit über das Urheberrecht im digitalen Zeitalter. Während die einen den möglichst freien Zugang zu Wissen fordern ("Open Access"), sprechen Kritiker von "Open Enteignung". Das Frankfurter Urteil fiel nun zugunsten der Verlage und der Autoren aus.

Die Bibliothek verlangte zwar ein Login an den Rechnern, womit nur Nutzer mit Benutzerausweis die digitalen Versionen nutzen konnten, sie versah die eingescannten Bücher aber nicht mit einem Digitalen Rights Management-Schutz, wie man ihn zum Beispiel von legalen Musik-Downloads kennt. Weil das Digital Rights Management fehlt, ist es theoretisch möglich, dass Studenten sich alle Kapitel des Buches auf einen USB-Stick herunterladen und sie dann ins Internet einspeisen können.

Dagegen klagte in dem Musterverfahren der Stuttgarter "Ulmer Verlag". Verhandelt wurde im konkreten Fall über die "Einführung in die neuere Geschichte" des Historikers Winfried Schulze, die in der Reihe "UTB" erschienen ist. "Wir haben nichts gegen Open Access und wollen es auch den Studenten nicht unnötig schwer machen, aber wir müssen auch schauen, dass wir unsere Bücher verkaufen können", sagte der Verleger Matthias Ulmer der taz.

In Zukunft muss die Universität verhindern, dass die Studenten digitale Kopien aus der Bibliothek mitnehmen können. Soweit wurde dem Antrag des Ulmer Verlages statt gegeben. Der Argumentation der TU Darmstadt, es würde auf die rechtliche Situation im Zusammenhang mit den Digitalversionen hinweisen, folgten die Richter nicht.

Doch auch für den Verlag war das Urteil kein Sieg auf ganzer Linie: Das Gericht erlaubte, dass den Studenten weiterhin digitale Versionen von Büchern zur Verfügung stehen - auf den Rechnern in den Bibliotheksräumen. Bietet die Universität aber weiter die Möglichkeit an, die Digitalversion auf einen USB-Stick zu ziehen, wird ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro fällig. Dafür könnte sie 12.562 Exemplare des Geschichtsbuchs kaufen.

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3 Kommentare

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  • OK
    Oliver König

    Ich denke, dass eine Abkehr vom Urheberrecht auf Dauer jede Motivation beseitigt, sich selbst noch weitere Gedanken über die Welt zu machen. Wenn derjenige, der ein Buch geschrieben hat, nicht mehr bestimmen darf was damit geschieht, wird man es zerpflücken, die einzelnen Teile aus dem Zusammenhang reißen und mit diesem Flickwerk eine garantiert reflexionsfreie Weltsicht über seine eigenen Erfahrungen stülpen. Urheberrecht bedeutet für mich auch, dass der Urheber die Bedingungen einer Veröffentlichung festlegen kann, und sein Buch damit als Kommunikationsmittel erhalten kann, oder eine notwendige Transparenz schafft, woher und wie er diese Informationen gewonnen hat. Man könnte ja auch sagen: "Nach Aussage von diesem und jenem Wissenschaftler führt Urheberrecht zu kleineren Geburtenzahlen." Das ist das typische "aus dem Zusammenhang reißen", was ja kennen. Aber ohne Urheberrecht könnte nicht einmal eine garantiert den Begriffen des Autors entsprechende Ausgabe des "zitierten" Textes vorhanden sein, oder man könnte dieses Original selbst bezichtigen, eine Fälschung zu sein. Rein Hypothetisch.

    Ich räume zwar ein, dass es grundsätzlich gegen das Forschungsinteresse eines Akademikers ist, solchen Unsinn zu verbreiten, aber das Urheberrecht abzuschaffen betrifft weit mehr Menschen als die Akademiker, und Fälle von gefälschten Forschungsdaten gibt es weidlich genug - damit wäre es nur noch einfacher, und schwerer aufzuklären, besonders wenn ein Experiment schwer wäre.

    Menschen achten zudem selten vordringlich auf die sachliche Richtigkeit von etwas, sondern auf völlig andere Kriterien. Siehe die Politik: Berlusconi. Leute wie er lügen einfach, und die Wähler finden es noch gut und männlich.

    Zudem schränkt eine Abschaffung des Urheberrechtes die Persönlichkeitsrechte eines Autoren ein, wenn er sein Werk in einem bestimmten Zusammenhang etwa nicht sehen will, oder es gar nicht an die Öffentlichkeit soll, weil er es nur versendet hat, um eine zweite Meinung einzuholen und es noch weiterentwickeln will, um darin aufgeworfene fundamental neue Erkenntnisse zu postulieren, könnte man es ihm einfach so wegnehmen. Deshalb steht für mich eine Abschaffung des Urheberrechts außer Frage, so lange Menschen noch nach ihrer gedanklichen Leistung und ihren Einsichten beurteilt werden. Die wären so ja sofort Allgemeingut, und ob sie selbst geleistet wurden oder nur gestohlen, könnte man nicht mehr herausfinden.

    Zudem kann man ja selbst auf das Urheberrecht verzichten, wenn man das so dringend will, aber persönliche Meinungen fallen unter das Freiheitsrecht, und müssen respektiert werden, nicht ausradiert.

    Deshalb denke ich nicht, dass ein Konsument das Recht hat, dem Produzenten zu diktieren, was er mit seinen Werken tun darf. Sie gehören effektiv ihm, denn egal wie oft sie kopiert wurden, sind es seine Gedanken, und müssen als solche erkennbar bleiben.

    Übrigens habe ich den Heidelberger Appell unterzeichnet.

  • MR
    Marius Rohde

    Während google fleißig Bücher einscannt und im Internet zugänglich macht, und die Autoren fristgerecht widersprechen müssen, ohne daß sie überhaupt gefragt wurden, wird jetzt Studenen der Zugang zu Lehrbüchern erschwert.

     

    Herzlichen Glückwunsch.

     

    Ich glaube nicht, daß im Akademischen Sektor der große Schaden durch Digitalisierung entstehen kann. Handelt es sich doch um derart spezielle Fachliteratur. Für mich sind die E-books nur die Überbrückung bis das Werk wieder ausleihbar ist. Denn intensives Arbeiten ist mit einem Elektrobuch am Bildschirm äußerst schwierig.

  • SS
    Sebastian Schneider

    So wird das nix mit der Bildungsrepublik Deutschland. Gut, dass sich viele Dozenten einen Sch... darum kehren, was irgendwelche Verlage gerne hätten. Wenn die Unterzeichner des Heidelberger Appells wissen wollen wo sie in Zukunft einzuordnen sind dann sollten sie sich mal die Stiftsbibliothek St. Gallen mit ihren schönen Handschriften genau anschauen. Wenigstens haben die Mönche damals nicht versucht die Druckpresse zu verhindern!