Erfolg für "Tea Party"-Bewegung: Schreckgespenst für Republikaner
Die rechte "Tea Party"-Bewegung kann bei den US-Vorwahlen auf republikanischer Seite erneut punkten. Im November könnten dadurch aber ihre Chancen schwinden.
Das neue Schreckgespenst der republikanischen Parteiführung heißt Christine O'Donnell. Am Dienstag gewann die 41-jährige Marketingberaterin als Kandidatin der rechten "Tea Party" die Vorwahlen der Republikaner für die Kandidatur für den Senat. Damit entthronte O'Donnell den als hohen Favoriten geltenden bisherigen Abgeordneten Michael Castle. Die Wahl in Delaware war nötig geworden, nachdem der vorherige demokratische Amtsinhaber Joe Biden Anfang 2009 als Vizepräsident vereidigt worden war.
Bei ihrer Siegesfeier präsentierte sich O'Donnell ganz im Sinne der "Tea Party" als Anti-Establishment-Kandidatin. Die Zeit für politics as usual sei vorbei, sagte sie. Tatsächlich hat die republikanische Parteiführung bis zum Schluss versucht, ihrem Konkurrenten Michael Castle zum Sieg zu verhelfen - nicht ohne Grund.
Im eher liberalen Delaware hatte zuletzt 1994 ein Republikaner einen Senatssitz gewinnen können - und das war der sehr moderate William V. Roth, der in vielen wichtigen Abstimmungen an der Seite der Demokraten im Senat stimmte.
Michael Castle galt als moderat: Er steht etwa für das Recht auf Abtreibung und strengere Waffenkontrollgesetze. In den Umfragen führte er über seinem demokratischen Konkurrenten Christopher Coons. Mit Christine O'Donnell, glauben Beobachter, kann die republikanische Partei ihre Hoffnungen auf einen Sitzzugewinn in Delaware begraben. O'Donnell, heißt es in den Zeitungsanalysen, sei einfach zu konservativ für den Bundesstaat.
Auch im Bundesstaat New York siegte am Dienstag ein "Tea Party"-Kandidat: Carl Paladino, ein politischer Neuling, gewann die Nominierung für die Kandidatur zur Gouverneurswahl gegen den früheren Kongressabgeordneten Rick Lazio. Er wird am 2. November gegen den demokratischen Generalstaatsanwalt Andrew M. Cuomo antreten, der die Umfragewerte derzeit deutlich anführt.
Am 2. November finden die sogenannten Midterm Elections, Halbzeitwahlen, statt - Kongresswahlen zur Hälfte der Amtszeit eines Präsidenten. Gewählt werden ein Drittel aller Senatoren, alle Kongressabgeordneten und die Gouverneure in 37 Bundesstaaten und zwei Nationalterritorien.
Für die Demokraten, die seit 2006 den Kongress und mit Präsident Barack Obama seit 2009 auch das Weiße Haus kontrollieren, geht es darum, ihre Mehrheit im Kongress zu behaupten. Das allerdings wird den Umfragen nach schwer: Die insgesamt schlechte Stimmung im Land und die geringer werdende Zustimmung zu Barack Obama könnten in vielen Wahlkreisen republikanischen Kandidaten Siege bescheren.
Das jedoch dürfte schon davon abhängen, wie sich die Republikaner bei diesen Wahlen präsentieren. Denn während die "Tea Party" mit ihrer Mobilisierungskraft einer konservativen Basisbewegung die Republikanische Partei nach rechts rücken kann, teilt doch keine Mehrheit der US-AmerikanerInnen das Gefühl, unter dem muslimisch-sozialistischen Präsidenten Obama ginge die Welt unter.
Und so könnten die Demokraten doch weniger gerupft werden als gelegentlich befürchtet. Wo "Tea Party"-Leute moderate Republikaner abgeschossen haben, könnte ein Demokrat der lachende Dritte sein.
Die Demokraten erinnern sich durchaus mit Sorge an das Jahr 1994: Präsident Bill Clinton war gerade zwei Jahre im Amt, da verloren sie den Kongress an die Republikaner, die unter Führung des damaligen Repräsentantenhaussprechers Newt Gingrich eine konservative Revolution ausriefen. Tatsächlich gaben sie die Kontrolle über den Kongress erst 2006 wieder ab - in einem Land, das in der Zwischenzeit deutlich nach rechts gerückt war. Clinton regierte sechs Jahre gegen einen zutiefst feindlich gesinntes Parlament.
Nicht zuletzt deshalb hat Obama trotz Finanzkrise und Bankenrettung so große Teile seiner Kernprojekte in die ersten zwei Jahre seiner Amtszeit gesteckt: Gesundheitsreform, Finanzreform, Steuerreform - was schon mit der überaus heterogenen demokratischen Mehrheit nur abgespeckt durch den Kongress zu bringen war, dürfte nach einem Verlust der Mehrheit im November gänzlich unmöglich werden.
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