: Eon sucht neuen Chef
ENERGIEKONZERN Eon-Chef Wulf Bernotat verkündet fast 10 Milliarden Euro Gewinn – und kündigt seinen Rückzug an: Er habe „internationale“ berufliche Ziele
AUS ESSEN FELIX WERDERMANN
Die Hauptversammlung von Deutschlands größtem Energiekonzern begann mit einem Paukenschlag: „Ich stehe für eine Verlängerung meines Vertrages über den Mai 2010 nicht zur Verfügung“, erklärte Konzernchef Wulf Bernotat in seiner Eröffnungsrede. Als Grund nannte er neue berufliche Ziele. Nach sechsjähriger Amtszeit wolle sich der 61-Jährige neuen „Herausforderungen mit internationaler Dimension“ stellen. Nun habe das Unternehmen genügend Zeit, nach einem Nachfolger zu suchen.
Bernotats Bilanz kann sich aus Sicht des Unternehmens sehen lassen: Von 2003 bis 2008 stieg der Konzernumsatz von 46 auf 86 Milliarden Euro. Auch die Bilanz von 2008 präsentierte er als Erfolg. Trotz Krise ist der Umsatz im vergangenen Jahr um 26 Prozent gestiegen – auf nun 87 Milliarden Euro. Der Unternehmensgewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) hat auf knapp 10 Milliarden Euro zugelegt. Doch auch Eon spürt die Folgen des wirtschaftlichen Einbruchs. Die Energienachfrage der Industrie sei zurückgegangen, daher würden die Investitionsprogramme „zeitlich gestreckt“ – ursprünglich sollten in den nächsten drei Jahren noch 6 Milliarden Euro mehr investiert werden.
Bei den Investitionen liege der Schwerpunkt auf dem „Ausbau unserer konventionellen Kraftwerkskapazitäten“, doch auch bei den regenerativen Energien möchte der Konzern wachsen. Bis zu 5 Milliarden Euro sollen bis 2011 in diesen Sektor fließen. Zum Vergleich: Insgesamt sollen 30 Milliarden, also das Sechsfache investiert werden. Bislang hatte Eon laut Bernotat rund ein Zehntel seiner Gesamtinvestitionen für umweltfreundliche Energien ausgegeben. „Ich sehe keinen Widerspruch zwischen Kernenergie und erneuerbaren Energien“, sagte Bernotat. Beide Energieformen würden dem Klima helfen. Eon setze auf einen „breiten Energiemix“, berichtet er in der Eröffnungsrede.
An den Plänen für neue „hocheffiziente Kohle- und Gaskraftwerke“ in Deutschland und Großbritannien will Eon-Chef Bernotat dennoch festhalten. Damit würden alte Anlagen ersetzt. Klimaschützer halten dagegen: „Alleine die fünf in Deutschland geplanten zukünftigen Kraftwerke würden jährlich mindestens 24 Millionen Tonnen CO2 in die Luft blasen“, sagt Kerstin Peters von der Klima-Allianz. Sie protestiert vor der Eon-Aktionärsversammlung mit dem Kohlesaurus, einer mehrere Meter große Mischung aus Dinosaurier und Kohlekraftwerk.
Immer wieder gerieten Eon und sein Vorstandschef in den vergangenen Jahren wegen seiner Preispolitik ins Fadenkreuz von Wettbewerbshütern und Verbraucherschützern. Auf der Aktionärsversammlung am Mittwoch stellte Bernotat Stromkunden mittelfristig sinkende Strompreise in Aussicht. Die Preise für Öl, Gas und Kohle sowie die Großhandelspreise für Strom seien seit Mitte vergangenen Jahres deutlich gesunken. „Dies wird sich mit zeitlicher Verzögerung auch in den Verbraucherpreisen für Strom und Gas niederschlagen“, sagte Konzernchef Bernotat.