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Entscheidungen des ArbeitsgerichtsStreik-Verbot am Frankfurter Flughafen

Das Arbeitsgericht verbietet den Streik der Vorfeldmitarbeiter und den Solidaritätsstreik der Fluglotsen am Frankfurter Flughafen. Die Gewerkschaft will gegen das Urteil vorgehen.

Es wird abgehoben am Frankfurter Flughafen. Bild: reuters

FRANKFURT AM MAIN taz | Im Mittelpunkt des Streiks am Frankfurter Flughafen steht seit Dienstag ein Mann: Matthias Kreuzberg-Kowazyk. Er ist Richter am Arbeitsgericht Frankfurt und hat zwei richtungweisende Entscheidungen gegen den Streik der Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) getroffen.

Am späten Dienstagabend hatte er den Solidarstreik der Fluglotsen für ihre Kollegen auf dem Vorfeld untersagt. Der Streik sei „unverhältnismäßig", da die Arbeitsniederlegung der Lotsen dem Hauptstreik des Vorfeldpersonals gleichkomme und nicht nur unterstützend wirke, urteilte das Gericht.

Trotz des Verbots gab es am Mittwoch laut Fraport 235 Flugausfälle. Die Deutsche Flugsicherung annullierte wegen des möglichen Streiks der Lotsen etliche Interkontinentalflüge. Außerdem streikten am Mittwochmorgen weiterhin die Vorfeldmitarbeiter.

Damit war aber kurze Zeit später Schluss. Am Mittwochmittag erließ Kreuzberg-Kowazyk eine einstweilige Verfügung, die den mit Unterbrechungen seit zwei Wochen andauernden Hauptstreik des Vorfeldpersonals untersagte. Denn die Forderungen der GdF nach Arbeitsschutzregelungen und einem Nachtschichtverbot für ältere Mitarbeiter verstießen gegen das Gebot der Friedenspflicht aus dem teilweise noch gültigen Tarifvertrag. Der Richter ließ es der GdF offen, ohne diese Forderungen einen neuen Streik zu beginnen.

Während Vertreter des Flughafenbetreibers das Urteil begrüßten, konnten die Gewerkschafter ihren Ärger kaum verbergen. Markus Siebers, GdF-Tarifvorstand, sagte kurz nach dem Urteil: „Wenn das Bestand hat, können wir unsere Streikbücher einpacken." Auch GdF-Sprecher Matthias Maas sieht „das Streikrecht in Deutschland gefährdet."

Die GdF sagte den Streik daraufhin kurzfristig ab und wollte sich über das weitere Vorgehen beraten. Doch am späten Mittwochnachmittag teilte dass Landesarbeitsgericht mit, dass es auch keine Berufung gegen das Urteil von Dienstag geben werde. Der Streik bleibt damit verboten. Er sollte ursprünglich bis Donnerstag fünf Uhr dauern.

Debatte um Tarifeinheit neu entfacht

Durch den Streik am Frankfurter Flughafen wurde auch die grundsätzliche Debatte über die Macht kleiner Spartengewerkschaften neu entfacht. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) forderten am Mittwoch neue Regeln für solch kleine Gewerkschaften.

Es sei notwendig, „dass in einem Betrieb verhandelt wird und dass zum Schluss auch eine Lösung herauskommt, die der Mehrheit nutzt". Wie genau diese Regelungen aussehen sollten und ob es ein Gesetz zur Tarifeinheit - also dem Prinzip „ein Betrieb, ein Tarifvertrag" - gebe, ließ die Ministerin offen. Allerdings war aus Regierungskreisen zu erfahren, dass dieses Thema schon am Sonntag auf die Tagesordnung des schwarz-gelben Koalitionsausschusses kommen könne.

Für Siebers ist diese Entwicklung wenig erfreulich. Besonders kritisierte er die Rolle der großen Gewerkschaften, die sich „vor den Karren der Arbeitgeber spannen" ließen. In Frankfurt hatten sich die bei Verdi organisierten Betriebsratsvorsitzenden der Fraport AG eindeutig gegen die GdF positioniert.

Der DGB wollte sich auf Anfrage der taz nicht zu den neusten Vorstößen von Ursula von der Leyen äußern. Siebers befürchtet, dass nicht nur ein Gesetz zur Tarifeinheit, sondern auch "eine Beschneidung des Streikrechts" auf den Weg gebracht werden könne.

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3 Kommentare

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  • M
    m.h.

    Ruhig Blut und nicht alles durcheinander bringen:

    Entscheidung 1: Fluglotsen. Um deren Tarifvertrag geht es bei dem aktuellen Arbeitskampf gar nicht; die haben einen gültigen Tarifvertrag, und haben sich in diesem FREIWILLIG!!!!!! als VERTRAG!!!! verpflichtet, keinen Arbeitskampf während der Laufzeit dieses Vertrages auszufechten. Nun wollten sie andere unterstützen. das dürfen sie aber nur in gewissen Umfang. Art. 9 GG schützt das Streikrecht und ist mit der Entscheidung nicht in Gefahr, denn gestreikt werden darf zur Verbesserung der (eigenen)Lebens- und Arbeitsbedingungen und nicht zur Verbesserung der Welt an sich.

     

    Entscheidung 2: Sie haben Forderungen aufgestellt, die in einem Tarifvertrag, den sie selbst abgeschlossen haben, noch geregelt sind, warum sollen sie trotz gültigen Vertrag diese Forderungen mit einem Streik durchsetzen dürfen?

     

    Die Gewerkschaft hat halt Fehler gemacht - nun das Gericht und das Recht deshalb zu kritisieren halte ich nicht für gerechtfertigt. Sie können mit den übrigen Forderungen einen neuen Streik ausrufen und durchführen.

     

    Tarifeinheit: Keine Angst, dass diese Regierung dazu ein Gesetz hinbekommt, dass mit dem Grundgesetz im Einklang steht ist fernliegend. Außerdem sind schon nächstes Jahr Wahlen, da passiert jetzt erst einmal gar nichts.

     

    wir wünschen guten Flug!

  • M
    momentmal

    Hab ich das also richtig verstanden ein Gericht

    verbietet zu streiken und alle machen mit? Ist das etwa

    Streik light oder was?

    Ein deutsches Gericht kann also verbieten nichts zu tun?

    Also sollten sich die Lotsen und Vorfeldmitarbeiter und

    alle Anderen mal überlegen was da zu machen ist!

     

    In diesem Sinne wünsche ich allen Beteiligten mehr

    Mut und Phanthasie !!

  • C
    Celsus

    Da mache ich mal auf eine Kleinigkeit aufmerksam, die ich in Interviews beobachte:

     

    Die Arbeitgeberseite spricht gezielt und wiederholt von Minigewerkschaften und Erpressung. Angeblich neutrale Experten fordern mit Rückenwind der FDP ein neues Tarifvertzragsgesetz, dass das Streikrecht zu Lasten der Gewerkschaften einschränkt. Und angeblich soll es ja auch für die Arbeitnehmerseite gut sein, wenn sich nicht Zustände der Vor-Thatcher-Ära breit machen.

     

    Aber: Schon heute darf eine Gewerkschaft nur zu Streiks aufrufen, wenn sie über eine hinreichende soziale Mächtigkeit verfügt. Da darf durchaus nicht einfach eine frisch gegründete Minigewerkschaft streiken. Und wenn es bei allen Arbeitgebertricks immer noch 20 % Ausfälle bei Flügen gab, ist diese Gewerkscahft schon alles andere als mini oder sozial ohnmächtig.

     

    Jetzt haben die sich also nach Hohn und Spott der Arbeitgeberseite hinreißen lassen und ihre volle soziale Macht zeigen wollen, alles still legen zu können. Dann auf einmal ist das alles unverhältnismäßig und schon wieder Erpressung? Die Zeiten, in denen die Mitgliedschaft in freine und nicht korrumpierten Gewerkschaften und sie befürwortenden Parteien strafbar waren, sind zum Glück vorbei. Mit aller Vehemenz sollten da die Gewerkschaften gegenhalten - selbst dann wenn es um die ungeliebte Konkurrenz im innergewerkschaftlichen Bereich geht.

     

    Liebe Gewerkschaften: Eure Stimme möchte ich dann etwas lauter hören. Und vor den Kameras bitte nicht anderen streikenden Gewrkschaften in den Rücken fallen.