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Entscheidung erst nach den Wahlen

■ Nagel: Holocaust-Denkmal aus Wahlkampf raushalten

Mehr Ruhe und Zeit in der Auseinandersetzung um das Holocaust-Denkmal hat Bausenator Wolfgang Nagel (SPD) eingefordert. Entgegen seiner früheren Absicht wolle er dem Senat die Entscheidungsvorlage zum geplanten „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ nicht mehr vor den Wahlen am 22. Oktober unterbreiten. Das gewöhnlicherweise in Wahlkampfzeiten besonders gereizte politische Klima könnte einer „nachdenklichen Diskussion“ über das Denkmal höchst abträglich sein, betonte Nagel.

Alle Beteiligten brauchten mehr Ruhe zum Nachdenken und die Auslober mehr Zeit, um die Kritiker zu überzeugen, meinte der Bausenator. Er warf Kritikern erneut vor, mit der Diskussion über den preisgekrönten Entwurf im Grunde ganz andere Ziele zu verfolgen. Nagel: „Es geht ganz offenbar um die Verhinderung eines solchen zentralen Denkmals überhaupt.“

Es gehe darum, den Ort südlich des Brandenburger Tors in Frage zu stellen, und es gehe erneut um die Opfergruppen. „Wer kritisch festzustellen glaubt, daß Deutschland auch fünfzig Jahre nach dem Holocaust für ein solches Denkmal noch nicht reif sei, muß sich fragen lassen, wann denn das deutsche Volk die Aufarbeitung dieses Kapitels deutscher Geschichte so weit abgeschlossen hat, daß ein entsprechendes Denkmal ohne öffentlichen Streit für selbstverständlich gehalten wird. Ich fürchte, niemals“, betonte Nagel.

Neben Bundeskanzler Kohl hatten der Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis, und Vertreter anderer jüdischer Organisationen Bedenken gegen den Entwurf von Jackob-Marks angemeldet. Dagegen nahm die Initiatorin des Förderkreises für das Holocaust- Denkmal, die Journalistin Lea Rosh, den Entwurf der Berliner Künstlerin mehrfach gegen die Kritiker in Schutz. Das Modell sieht vor, in eine rund einhundert mal einhundert Meter große Grabplatte die Namen von 4,2 Millionen ermordeter Juden einzumeißeln. dpa/AFP

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