Enteisung von Flugzeugen: Infrarot statt Glykol?
Braucht es ein umweltschädliches Mittel, um Flugzeuge vom Eis zu befreien? Es gibt eine Alternative, die in den USA zugelassen ist. Ob sie in Europa funktioniert, ist unklar.
STOCKHOLM taz | Während der Winter den Flugplan durcheinanderbringt, ist die Methode zum Enteisen der Flugzeuge in die Kritik geraten. Braucht man wirklich das umweltschädigende Glykol, um Flugzeuge zu enteisen?
Derzeit gibt es europaweit Engpässe bei der Chemikalie - und der Hersteller von Enteisungsanlagen, die mit Infrarot-Strahlung arbeiten, hält Glykol jedenfalls für verzichtbar. Diese alternative Methode wurde bereits 1997 von der US-Luftfahrtbehörde FAA genehmigt und erhielt im gleichen Jahr deren Umweltpreis. In Norwegen, wo sie in Europa getestet wurde, war sie allerdings nicht erfolgreich.
Die gängigen Enteisungsflüssigkeiten sind alles andere als umweltfreundlich. Dabei ist weniger das Glykol das Problem, sondern die Zusatzchemikalien. Einige davon zerfallen in der Natur nur sehr langsam und unvollständig, so dass es im Laufe der Zeit zu erheblichen Konzentrationen in Boden und Grundwasser kommen kann.
Mehrere Millionen Liter des zur Hälfte aus Glykol bestehenden 85 Grad warmen Wassergemisches werden auf großen Flughäfen jeden Winter versprüht. Trotz Auffangsystemen zeigen Messungen am Flughafen von Oslo, dass dabei bis zu 25 Prozent dieser Flüssigkeit unkontrolliert in die Natur entweichen.
Deshalb war der Flughafen Gardermoen bei Oslo der erste europäische Großflughafen, der sich für eine Infrarot-Enteisungsanlage entschieden hatte. Anfang 2006 war die Anlage feierlich von der norwegischen Inneministerin Liv Signe Navarsete eingeweiht worden. Die Flugzeuge passieren vor dem Start einen großen Hangar. Von einer mit Erdgas betriebenen Anlage wird darin Infrarotstrahlung erzeugt, die Eis und Schnee von der Flugzeughaut abschmilzt. Ein trockener Jet rollt anschließend auf die Startbahn.
So die Theorie. Denn in Oslo zeigte sich schnell, dass das, was in New York und sogar auf Flugplätzen in Alaska funktioniert, mit dem norwegischen Klima Probleme hatte. "Hier ist es extrem kalt am Boden und bei der feuchten Luft und dem häufigem Niederschlag hat die Anlage nicht wie gedacht funktioniert", erklärte Hanne Bügel, damalige Informationschefin von SAS Ground Services, schon sechs Monate nach der Einweihung.
Das Eis taute zwar, fror aber sofort wieder, sobald die Jets den Hangar verließen. Die Flugzeuge mussten mit Glykol nachbehandelt werden. Als auch Umbauten nicht halfen und die Bilanz des Winters 2006/07 ganze zwei mit dieser Methode enteiste Flugzeuge waren, gab man auf.
Radiant Aviation Services, der Hersteller des Systems, weist dennoch auf die guten Erfahrungen hin, die man damit seit Jahren in den USA gemacht habe. Die Firma unternahm nach dem Fiasko in Oslo aber keinen Versuch mehr, eine solche Anlage in Europa zu bauen.
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