Energiewende-Gesetze erklärt: Der Weg zum Ausstieg
Abschied vom Atomstrom, Elektrizität aus Wind und Sonne, die Zukunft von Strom und Kohle? Fragen und Antworten zu den international einzigartigen Gesetzen.
![](https://taz.de/picture/260885/14/japanischer-antiakw-sticker.jpg)
Mit den Gesetzen zum Atomaustieg und zur Energiewende, die der Bundestag am Donnerstag beschloss, ist Deutschland ganz weit vorne. Auch die Planung für die nahezu hundertprozentige Versorgung mit Ökostrom bis Mitte des Jahrhunderts ist beispielgebend.
Kommt jetzt wirklich das Ende der Atomkraft in Deutschland?
Wie es aussieht, ja. Mit der 13. Novelle des Atomgesetzes, der der Bundestag am Donnerstag zustimmte, benennt auch die schwarz-gelbe Koalition ein definitives Ende der nuklearen Stromproduktion im Bundesgebiet. Am 31. Dezember 2022 ist Schluss. Dann soll das letzte Strom produzierende AKW vom Netz getrennt werden. 8 von 17 deutschen Atomkraftwerken bleiben schon jetzt ausgeschaltet, eines davon läuft in Reserve weiter.
Für die übrigen Anlagen stehen feste Termine im Gesetz, an denen die Betriebsgenehmigung erlischt. Für Grafenrheinfeld ist das beispielsweise der 31. Dezember 2015, für den Block B des Atomkraftwerks Gundremmingen der 31. Dezember 2017. Eine gesellschaftliche oder politische Mehrheit, die den Ausstieg revidieren wollte oder könnte, ist gegenwärtig nicht abzusehen.
Wie kann man die Lücke füllen, die die Atomkraft hinterlässt?
Im "Gesetz zur Neuregelung des Rechtsrahmens für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien" setzt sich die Regierung Ziele: Bis 2020 sollen mindestens 35 Prozent des Stroms aus sauberen Quellen stammen, bis 2050 mindestens 80 Prozent. Umweltverbände sagen, ein höherer Anteil erneuerbarer Energie ließe sich schneller erreichen und die Regierung nehme trotz allem zu viel Rücksicht auf die Interessen der großen Stromkonzerne.
Dies drücke sich darin aus, dass die Einspeisevergütung für an Land hergestellte Wind- und Sonnenenergie zu stark abnehme, während die neuen Windparks auf dem Meer über Gebühr unterstützt würden. Im Gegensatz zu den Anlagen an Land sind die Meereskraftwerke so teuer, dass nur große, kapitalkräftige Unternehmen und Banken sie bauen können.
Was bedeutet die Energiewende für die Verbraucherpreise?
Die werden steigen. Im Gesetz zur Neuregelung der erneuerbaren Energien steht, dass die Zusatzkosten der Ökoenergie für Durchschnittshaushalte höchstens knapp zehn Euro monatlich ausmachen. Nach 2020 wird die finanzielle Belastung durch die Energiewende allerdings wieder sinken. Wenn man die vermiedenen Zukunftskosten und potenziellen Schäden (Atomunfälle, Klimawandel, höhere Öl-, Gas- und Kohlepreise) einrechnet, ist die Energiewende sowieso ein gutes Geschäft.
Welche Rolle spielen Kohle und Gas?
Die Kritiker bei den Grünen und den Umweltverbänden meinen: eine zu große. Mit dem "Gesetz zur Neuregelung energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften" verpflichtet die Regierung die Energieproduzenten, eine gemeinsame Planung für die Stromleitungen vorzulegen. Das ist einerseits gut, denn durch die neuen Leitungen kann auch der zusätzliche Ökostrom fließen. Andererseits bemängelt der Bund für Umwelt und Naturschutz, dass die Trassenplanung zu sehr auf neue Großkraftwerke ausgerichtet werde, die Kohle oder Gas verfeuern. Derzeit sind 19 Kohlekraftwerke im Bau oder in der Planung, die Deutschland eigentlich nicht braucht. Diese werden vermutlich auch noch in 40 Jahren die Atmosphäre schädigen.
Können die Bürger über die Energiewende mitentscheiden?
Für wichtige, überregionale Stromleitungen gibt es künftig ein bundeseinheitliches Genehmigungsverfahren. So steht es im "Gesetz zur Beschleunigung des Netzausbaus". Bürgerinitiativen können Einwendungen einlegen und werden angehört. Da die neuen Verfahren jeweils nur sechs Monate dauern, dürfte die Bürgerbeteiligung allerdings nicht allzu intensiv ausfallen.
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