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■ Endlich und verspätet: Pogrom-Kupfer muß gehenIst es vollbracht?

Am 25.August letzten Jahres brannten in Rostock die Zentrale Anlaufstelle für Asylbewerber und das benachbarte Wohnheim vietnamesischer Flüchtlinge. Daß bei diesem Mordversuch niemand zu Tode kam, verdanken wir nicht der Polizei, sondern beherzter Selbsthilfe. Der GAU des Rechtsstaats BRD war möglich geworden, weil die Polizei sich auf Anweisung ihrer Führung zurückgezogen hatte und die Verantwortlichen auf einen Deal mit den Brandstiftern hofften. Der neue Stil des neuen Deutschland im Umgang mit Rechtsradikalen, Rassisten und deren Claqueuren?

Offenbar – denn sämtliche verantwortliche Polizeiführer und Politiker wiesen jede Kritik rüde zurück. Mit Erfolg. Der damalige Rostocker Polizeichef Kordus wurde zum Chef des neuen Landeskriminalamtes in Schwerin befördert; Innenminister Lothar Kupfer rechtfertigte mit einer bis dato unerreichten Unverfrorenheit das Desaster und blieb damit im Amt. Die Polizei, so der Innenminister, habe ihren Auftrag erfüllt. Schließlich sei keinem Asylbewerber ein Haar gekrümmt worden.

Statt den Mann jetzt endgültig zu feuern, stellte Ministerpräsident Bernhard Seite sich vorbehaltlos neben Kupfer – und Kollege Seiters, als Innenminister in Bonn Hüter der Verfassung der Republik, gesellte sich dazu: Die politische Verantwortung für die Rostocker Pogrome, so seine Theorie, liege bei jenen, die durch ihr Insistieren auf dem Grundrecht auf Asyl die notwendige Abschiebungspraxis verhinderten. Dies war die letzte Variante rechtsradikalen Ressentiments gegen die Schwatzbude Demokratie aus dem Munde eines Ministers.

Die gestrige Entlassung Kupfers war seit dem 26.August 1992 fällig. Besser spät als nie, doch ist es damit nun vollbracht? Über die Motive Seites, sich seines Innenminister endlich zu entledigen, kann man im Moment nur spekulieren. Von der Wiederherstellung rechtstaatlicher Verhältnisse in Mecklenburg- Vorpommern als Begründung für Kupfers Abgang war allerdings von Seite kein Ton zuhören. Auch nach Bekanntwerden der polizeilichen Absprachen mit den Brandstiftern, nach Aktenfunden auf der Müllkippe und notorischer Uneinsichtigkeit Kupfers kommt kein Wort der Selbstkritik von Seite.

Kupfer mußte gehen, aber sein Vorgesetzter bürgt für Kontinuität. Der penetranteste Gestank aus dem Schweriner Sumpf wird sich mit der Entlassung des Innenministers verflüchtigen. Rechtsstaat aber ist mit einem Ministerpräsidenten Bernd Seite nicht zu machen. Daß der Schutz der Schwächsten seine erste Aufgabe ist, wird sich bis zu der amtierenden Landesregierung wohl nicht mehr herumsprechen. Jürgen Gottschlich

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