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Endlich mal wieder richtig Sommer: Sicherheit, Sauberkeit und Sunkist im Berliner FreibadEinmal Diskursschwimmen, bitte

Foto: Wolfgang Borrs

Herbstzeitlos

Martin Reichert

Die Erwähnung der US-amerikanischen Brause Sunkist ist an dieser Stelle nur dem Drei- beziehungsweise Vierklang „Sommer, Sicherheit, Sauberkeit und Sunkist“ geschuldet und hat darüber hinaus keine Bedeutung, auch und gerade nicht hinsichtlich einer eventuell einzuführenden Zuckersteuer. Doch ansonsten fällt es im Alltag schwer, nicht von Problemdiskursen erfasst zu werden.

Gehe ich ins Freibad, fängt es auf dem Weg an. Ich muss durch eine weitläufige Parkanlage, vorbei am Portalsolitär eines buddhistischen Tempels (Baurecht), zwei Kamelen mit Fellproblemen (Tierrechte), freundlich und scheinbar sinnlos herumstehenden Männern (Drogenpolitik) und nackten Homosexuellen auf einer Liegewiese mit anschließendem Cruisinggebiet (Erregung öffentlichen Ärgernisses), von dem man einen guten Blick auf die angrenzende Moschee (Islam) hat. Am Sommerbade angelangt gilt es, eine riesige, über zwei Meter hohe Metalldrehtür und fünf finster dreinblickende Security-Männer mit Bärten und schwellenden Muskeln hinter sich zu lassen, denn wer in meinem Stadtteil ins Freibad gehen möchte, betritt eine Problemzone: Hier geht das Abendland baden, im kalten Chlorwasser und für manche auch im übertragenen Sinne, weil sich aus ihrer Sicht zu viel „Orient“ hier tummelt: Jugendliche mit Migrationshintergrund und womöglich auch noch muslimischen Glaubens springen entgegen dem Verbot von der Seite in den Pool oder drängeln am Sprungturm. Und einige Frauen tragen tatsächlich, wovon ansonsten immer nur die Rede ist: einen Burkini (Islam, Abendland, Hygiene).

Warum noch mal Hygiene? Richtig: Bevor es hinsichtlich Badebekleidung um Religion und den Bestand der Zivilisation ging, hatte man es noch in kleinerer Münze und diskutierte schlicht über Hygiene. So wird man in Berliner Bäderbetrieben per Schild angeschnauzt, dass „Badebekleidung beim Duschen abzulegen“ ist, was jedoch schon seit geraumer Zeit von südwestdeutschen Christen unterlaufen wird, die aus Stuttgart nicht nur aus Gewerbesteuer­mitteln finanzierte Marmorfußböden, sondern auch ihre Intimität wahrende Einzelkabinen mit Duschvorhang gewohnt sind. Ach ja: Und auch von muslimischen Männern, für die es gerade im öffentlichen Bade Pflicht ist, ihre Scham zu bedecken. In der Praxis reinigen solche Männer (Orient, Stuttgart), die ihre Badehosen nicht vor aller Augen ablegen möchten, ihre Genitalien, indem sie in die Badehose greifen und seifen; hernach wird mit viel Wasser nachgespült.

Wie es die Burkinidamen in ihren Duschbereichen handhaben, entzieht sich meiner Kenntnis. Wohl aber weiß ich, wie ernst es weite Teile der urberlinisch-biodeutschen Menschen mit der Hygiene nehmen: Weil es in den Umkleidebereichen des Freibades ungemütlich und vor allem schmutzig ist, reisen viele Badende mit Schwimmbekleidung an, die sie unter der Straßenkleidung tragen. Auf der Liegewiese pellen sie sich aus der Hülle und hüpfen ins Wasser, ohne sich vorher geduscht zu haben.

Das, liebe Leute, ist eine Schweinerei. Und das wird man ja wohl noch sagen dürfen.

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