Emo-Bewegung: Gegen Spießer
Jugendliche mit einem prägnanten Stil, die sich von Punks und Gothics abgrenzen: Emos. Das jugendkulturelle Phänomen ist eine Mittelschichtsbewegung.
Als politische Rebellen verstehen sich die Anhänger der Emo-Bewegung nicht, höchstens als Vorreiter gegen Uniformität und Spießertum. Mitte der achtziger Jahre entstand die Bewegung in den USA als musikalische Abgrenzung zum Genre Hardcore. Die daraus entstandene Musikrichtung Emocore oder Emotional Hardcore (kurz: Emo) war der Versuch, weniger aggressiv und dafür persönlicher mit traurigen und gefühlvollen Texten aufzutreten, als es damals unter Punks üblich war. Die Emo-Bewegung der Achtziger zeichnete sich zunächst nicht durch eine eigene Mode aus.
In den vergangenen zehn Jahren lebte die Emo-Bewegung unter Jugendlichen zwischen 12 und 15 Jahren wieder auf. In Deutschland war die Zeitschrift Bravo „Mitgeburtshelfer“, wie Klaus Farin vom Archiv der Jugendkultur sagt. Auslöser war eine Fotolovestory, die unter Jugendlichen populär war. Als deutsche Vertreter dieser Richtung wurde die Band Tokio Hotel populär. Allerdings distanzieren sich viele Emos deutlich von der Musikgruppe und hören den Vergleich mit Tokio Hotel nicht gern.
Das jugendkulturelle Phänomen ist nicht eindeutig definierbar, doch die Bewegung zeichnet sich vor allem durch einen prägnanten Stil aus. Merkmale der Emos sind schwarze Kleidung, enge Hosen und längere dunkle Haare – meist mit Pony.
Das entscheidende Kriterium ist der androgyne Stil, also die Vereinigung klassisch männlicher und weiblicher Merkmale.
Laut Farin seien die Emos eine Mittelschichtsbewegung. Sie unterscheiden sich sowohl optisch als auch in ihren Ansichten von anderen Bewegungen wie Punks oder der Gothic-Kultur, die als Teil der schwarzen Szene zu verstehen ist. „Die Emos stehen naturgemäß gegen Homophobie, Rassismus und fordern Toleranz“, sagt der Chef des Archivs für Jugendkultur.
Eine introvertierte Jugendkultur
Die Emos sprengen heteronormative Zuschreibungen auf und wollen anders sein. Sie sind eine introvertierte Jugendkultur. Es geht ihnen weniger darum, eine politische Ideologie zu vertreten.
Das klassische Gegenbild zu den Emos ist die HipHop-Bewegungen, da beim HipHop konventionelle Geschlechterbilder klar vorherrschen und besonders bedient werden.
Heute hören die Emos vor allem Gitarrenrock und Screamo, ein musikalischer Substil des Emocore. Die jugendlichen Hörer messen dabei vor allem den Texten eine besonders hohe Bedeutung bei.
Der Emo-Bewegung wird ein Hang zum Weltschmerz und zu autodestruktivem Verhalten nachgesagt. Laut Farin leiden die Emos nicht unter einer psychischen Störung, sondern das bei ihnen verbreitete Ritzen an Armen und Beinen „ist eher als eine Art Accessoire zu verstehen“.
Die Emo-Bewegung vernetzt sich unter anderem über das Internet und nutzt vor allem diverse extra für sie ausgelegte Foren, wie zum Beispiel das deutsche Portal Emostar.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance