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Elianna Renner und Jan-Paul Koopmann über das Konzert von 47 Soul im Theater BremenTanz den Abdel Nasser

Alle waren sie gekommen: In der ersten Reihe wedeln arabische Kids mit ihren Kufiyas, die älteren Besucher*innen aus der Palästina-Soli-Szene tragen ihre etwas steif am Hals – und zwischendrin stampft sich das Radio-Cosmo-Kulturpublikum zu den Beats von 47 Soul in Stimmung. Das Konzert im Bremer Theater ist gut besucht. Cosmo hat’s präsentiert, Anzeigen waren bis in die taz Bremen geschaltet. Es geht um mehr als nur Musik: Die Band versteht sich als Akteur für den Weltfrieden – und als Stimme eines palästinensischen Volkes. Die Musiker aus Jordanien, Israel, Syrien und den USA sind für die Band nach London gezogen.

Ihre Position steckt schon im Bandnamen 47 Soul: Er soll auf 1947 als ein letztes Jahr in Freiheit verweisen, bevor mit der Staatsgründung Israels der Kolonialismus Einzug gehalten habe. Dass diese historisch Verortung, die Osmanisches Reich, britische Besatzung und die Schandtaten der arabischen Nachbarn unterschlägt, mindestens schief ist, bewies die Band vor dem Konzert in einem Interview mit der Berliner taz. „Ist es ein Spaß, wenn man Leute dazu bringt, in Konzentrationslagern zu leben?“, fragt Sänger Walaa Sbeit und behauptet: „Das machen die Israelis: Sie lassen andere in Konzentrationslagern leben.“

Auf der Bühne dann, fallen solche Sätze nicht mehr – jedenfalls nicht im englischsprachigen Teil der Ansagen. Klar ist ihre Forderung trotzdem: „Free Palestine“, heißt es. Im Song „Every Land“, einem Höhepunkt des Auftritts, heißt es über treibende Beats: „Will be back Abd al-Nassr and Mandela Nelson / Peace to the sufi / Peace to the buddist / Peace to the who is next to me.“ „Friedensbringer“ Nasser hat als erster arabischer Staatsführer „Die Protokolle der Weisen von Zion“ nachdrucken lassen und für den Krieg gegen Israel in Ägypten untergetauchte Nazis als Propagandisten engagiert. Nach seinem Staatsstreich flüchteten rund 35.000 Juden aus Ägypten.

Politik ist für das das Genre „Shamstep“ so zentral wie die Mischung traditioneller Musik mit elektronischen Klängen. Für westliche Jugendliche mag das orientalische Exotik sein, für die arabische Jugendlichen ein identitätsstiftendes Angebot: „Das ist unsere Musik und sie ist gut.“ Doch über die Rede vom Konzentrationslager zeigten sich auch die Veranstalter erschrocken. Die Wortwahl müsse man kritisieren, schreiben sie auf Nachfrage, daraus solle man aber kein Urteil über die Band fällen, sondern „zum Konzert kommen, die Jungs und ihre außergewöhnliche Musik aus erster Nähe erleben und das direkte Gespräch suchen. We are all one people!“

Nur wie soll das gehen? Die Wucht der Ansage von der Bühne ist im Pop so unbestreitbar wie das emphatische Mitgehen des Publikums. Wohl auch darum begeistert sich politisch engagierte Musik immer für das Autoritäre, links wie rechts. Und man lässt es ihnen durchgehen, weil dieses „es eigentlich nicht so meinen“ zum Popzirkus so sehr gehört wie eine anständige Lightshow. Niemand fordert Auftrittsverbote. Das Spektakel aber als Chance zur Diskussion zu verkaufen, macht Israelfeindschaft diskursfähig – gerade, wenn es bewusst als politische Performance verkauft wird. Beim Theater heißt es, 47 Soul verbänden die Reflexion über „die kulturellen, politischen und sozialen Konflikte der Gegenwart mit ihrem pulsierenden, Grenzen sprengenden Sound“.

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