: Eisenbahntunnel statt Tiefgarage
■ Senatsgutachter für Bahntunnel unter dem Tiergarten
Berlin. In Tegel starten und landen die Jets seit Sonntag im Zwei-Minuten-Takt. Auf dem Berliner Ring stürzen sich die Autofahrer von einer Massenkarambolage in die nächste. Über die Eisenbahn wird nach wie vor nur geredet. Auf einem von der Senatsverkehrsverwaltung ausgerichteten »Eisenbahncolloqium« stellte die Deutsche Eisenbahn Consulting GmbH am Sonnabend immerhin erstmals ihre im Senatsauftrag gefertigte Bahnkonzeption für Berlin vor. Kernstück ist ein neuer Tunnel unter dem Tiergarten, durch den die Züge in Nord-Süd-Richtung die Stadt durchqueren sollen. Dieser Tunnel, den auch Senats- und Magistratsplaner favorisieren, wäre die »ideale Lösung«, sagte Gutachter Franz Lennartz.
Neben der Wiederherstellung unterbrochener Gleisanschlüsse und maroder Schienenstränge sei eine neue Nord-Süd-Strecke unverzichtbar, um den im Jahr 2010 zu erwartenden Bahnverkehr zu bewältigen. Kostenschätzungen mochte Lennartz freilich nicht abgeben. Nötig sei ein viergleisiger Tunnel zwischen Landwehrkanal und Spree. Die ideale Trasse führe unter dem Potsdamer Platz hindurch und müßte dann östlich der Entlastungsstraße gegraben werden. Daneben müsse am Lehrter Stadtbahnhhof ein Bahnhof »in zwei Ebenen« gebaut werden, erläuterte der Gutachter.
Den Begriff »Zentralbahnhof« mochte Lennartz nur einschränkend verwenden. Das Umsteigen von Fernzügen auf S- und U-Bahn-Linien müsse »dezentral« an mehreren Bahnhöfen geschehen. Unterstützung fand der Gutachter mit seinen Ansichten bei Bundesbahn und Reichsbahn. Die Tunnellösung müsse »zwangsläufig« realisiert werden, sagte Christian Siegert, Präsident der Bundesbahn-Verwaltungsstelle in Berlin. Gegenüber den bisher vorgeschlagenen Alternativen wie einem Ausbau der innerstädtischen Ringbahn lasse sich das Untergrund-Vorhaben »am schnellsten und am ehesten realisieren«. Auch Abteilungsleiter Christian Lotze von der Senatsverkehrsverwaltung sprach von einer »Optimallösung«.
Glaubt man dem Gutachter, dann zieht ein Eisenbahntunnel unter dem Potsdamer Platz auch Konsequenzen für den Bürokoloß nach sich, den Daimler-Benz hier über der Erde bauen möchte. Die Konzernherren müßten in diesem Fall auf den Bau einer unterirdischen Tiefgarage verzichten — zumindest hier hätte die Bahn dann dem Autoverkehr Einhalt geboten. hmt
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen