: Eisenbahner drohen mit Bummelzügen
■ Arbeitnehmer wollen Personalabbau nicht hinnehmen
Berlin (taz/dpa) – Die Arbeitnehmervertreter machen Front gegen die Deutsche Bahn. Wegen der angekündigten Streichung von 100.000 Stellen hat die Verkehrsgewerkschaft GDBA mit Dienst nach Vorschrift gedroht. Folge könnten Verzögerungen im Bahnverkehr bis zum Ausfall von Reisezügen sein, sagte GDBA-Chef Robert Dera gestern in Berlin. Sollte der Bahnvorstand an seinem Konzept der Stellenstreichungen festhalten, wolle die Gewerkschaft die Zustimmung für Überstunden verweigern. Derzeit seien rund 1,3 Millionen Überstunden aufgelaufen, so Dera.
Auch die Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands (GdED) kritisiert die Personalabbaupläne. Vor kurzem hätte ein ICE umgeleitet werden müssen, weil es in dem Zug nicht die für eine Tunneldurchfahrt vorgeschriebene Anzahl von Zugbegleitern gab. Nach Einschätzung der GdED sind Zugausfälle aufgrund von Personalmangel in Regional- und S-Bahnzügen an der Tagesordnung.
Eine Sprecherin der Bahn räumte ein, daß ein ICE Hamburg–München umgeleitet werden mußte, weil die für einen Notfall vorgeschriebene Personalstärke nicht ausreichte. „Das war aber ein absoluter Einzelfall“, versicherte sie. Inzwischen sei eine Tunnelbereitschaft von 50 Personen eingerichtet worden, so daß das Problem nicht mehr auftauchen werde. Auch an Knotenpunkten, wo das Bahnbegleitpersonal umsteige, gebe es jetzt Bereitschaftsmannschaften. Die Produktivität der einzelnen Mitarbeiter müsse wachsen, wenn das Ziel, mehr Verkehr auf die Schiene zu holen, erreicht werden solle. Die Bahn versuche, durch Abfindungen und Vorruhestandsregelungen ohne betriebsbedingte Kündigungen das Personal auf 200.000 Leute zurückzuschrauben. Die GDBA wirft der Geschäftsführung vor, Mitarbeiter massiv zu bedrängen, „doch endlich Schreibstift, Kelle und Zange aus der Hand zu legen.“ Mitarbeitern, die den Betrieb nicht „freiwillig“ verlassen wollten, werde mit der Versetzung in andere Städte gedroht. „Wir erwarten tatsächlich eine flexible Haltung der Mitarbeiter“, bestätigte die Bahnsprecherin. So gebe es im Raum Saarbrücken beispielsweise zu viele Fahrdienstleiter, in Süddeutschland hingegen zu wenige.
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