■ Einwanderungsgegner in den USA blasen zum Angriff: Opfer zum Schweigen bringen
San Francisco (dpa/taz) – In den USA machen fremdenfeindliche Organisationen mobil, die die „Flut“ von Einwanderern stoppen wollen. Angespornt durch den Wirbel um die von Präsident Bill Clinton für das Amt der Justizministerin nominierten Zoe Baird und Kimba Wood, die über die Beschäftigung illegal Zugewanderter stolperten, sehen sie nun die Chance härteren Durchgreifens der Einwanderungsbehörde und schärferer Gesetze.
Unmittelbarer Anlaß der Offensive ist eine für den 8. März in San Francisco geplante Anhörung über das Schicksal von Immigrantinnen, nachdem sich Klagen über sexuelle Belästigung, Vergewaltigung und Ausbeutung gehäuft haben. Mehrere Anti-Einwanderer- Gruppen Kaliforniens haben Demonstrationen angekündigt. Die Gruppe „STOP-IT“ forderte die Festnahme aller illegal Zugewanderten, die aussagen. Die Leiter der Sondergruppe, die die erste derartige Anhörung organisierte und die Ergebnisse der UNO- Menschenrechtskonferenz im Juni vorlegen wird, sehen darin einen dramatischen Versuch, „Frauen zum Schweigen zu bringen, die Opfer von Mißbrauch wurden“.
Zugespitzt hat sich die Auseinandersetzung nach einem Bericht der Zeitung Examiner in San Francisco, wonach ein Großteil der allein rund eine Million Immigranten in Nordkalifornien wie Sklaven behandelt werde, vor allem die von Abschiebung bedrohten illegalen Einwanderer. Ihre Arbeitgeber erpreßten sie vielfach zu Diensten nahezu rund um die Uhr. Manchmal gebe es gar keinen Lohn, häufig sei er minimal – von Überstundengeld ganz zu schweigen.
Frauen würden zu sexuellen Handlungen gezwungen und vergewaltigt wie die Mexikanerin Maria de Jesus Ramos Hernandez, die auch bei der Anhörung aussagen will. Maria Hernandez hatte den Mut, ihren inzwischen verurteilten Arbeitgeber anzuzeigen, anders als viele LeidensgenossInnen, die aus Furcht vor Ausweisung schweigen. Aussagen will auch die Chilenin Claudia Garante, die „au pair“ für ein kalifornisches Ehepaar arbeitete und wegen Sklavenhalterei klagte. Der Examiner listete viele weitere Fälle mutmaßlicher Ausbeutung auf, die die Gerichte beschäftigen. So wurden Immigranten in Kalifornien in Ställen untergebracht; sie mußten 24 Stunden täglich zur Verfügung stehen und durften das Gelände nicht ohne Erlaubnis verlassen.
Barry Hatch, sog. Kopf der Anti-Immigranten-Organisation „Bürger Amerikas gemeinsam“, sieht das Land von Menschen aus der Dritten Welt „überflutet“, die Spanisch als zweite Sprache in den USA einführen wollten. „Sie sollten nicht über die Grenze kommen. Wir sollten Truppen stationieren, um sie abzuwehren.“ Christine Biegler
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