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Einsparmöglichkeiten

betr.: „Schmidts Pflänzchen zertrampelt“ (Sparpaket zur Eindämmung der Kassenausgaben), taz vom 20. 10. 01

„Die Aut-idem-Regelung ist eine Reaktion darauf, dass der Anstieg der Kassenausgaben vor allem der Verschreibungsfreude der Ärzte geschuldet ist, die dabei zu den neuen, sehr teuren Medikamenten greifen, selbst wenn sie gleiche Wirkstoffe wie schon bekannte Mittel enthalten.“ Als ich diesen Satz las, fragte ich mich wieder einmal, ob derartig schlechte Recherche Absicht oder Versehen ist, und ich wünschte wieder einmal, es wäre Absicht. [...]

„Aut idem“ bedeutet die Abgabe eines Präparates mit identischem Wirkstoff, also anstelle eines so genannten Originals die eines Generikums (oder anstelle eines teuren eines billigeren Generikums). Generika kommen meist nach Ablauf der üblichen siebenjährigen Lizenzfrist für Arzneimittel auf den Markt. Es gibt keine „neuen, sehr teuren Medikamente, die den gleichen Wirkstoff wie schon bekannte Mittel enthalten“! Es gibt lediglich – und die in großer Zahl – Nachfolgepräparate, teure Trittbrettfahrer und überteuerte Pseudoinnovationen. Hier handelt es sich aber um meist ähnliche Wirkstoffe von oft unterschiedlicher Wirkdauer und Nebenwirkungspotential, aber ähnlichem Wirkprofil. Diese Präparate werden im neudeutschen Slang auch häufig als Me-too- (ich auch)-Präparate bezeichnet. Würde der Apotheker hier eingreifen dürfen, entstünde ein pharmakologisches und juristisches Kuddelmuddel ungeahnten Ausmaßes. Schon jetzt ist die Haftungsfrage bei Aut-idem-Abgaben ungeklärt. Me-too werden mit gigantischem Aufwand beworben und vermarktet, es steht außer Zweifel, dass hier Einsparmöglichkeiten bestehen. Dennoch: Den Anstieg der Arzneimittelausgaben allein erklären sie nicht. Gestiegene Krankheitszahlen und ein Anspruch auf Maximalversorgung dürften hier eine weit größere Rolle spielen. Wann endlich wird es den Versuch geben, mit Patienten und Ärzten zu einem gesellschaftlichen Konsens über das Nötige und Machbare zu kommen? [. . .] ANNETTE HOFMANN, Klein-Krams

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