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Einkaufsbummel bis 20 Uhr frühestens 1997

■ Tarifverträge für den Handel gelten mindestens bis Ende des Jahres. DAG und HBV kündigen Widerstand an. Auch SPD startet Kampagne gegen Öffnungszeiten

Frankfurt/Main (AP) – Die BundesbürgerInnen werden auf den Einkaufsbummel bis 20 Uhr auch nach der Zustimmung des Bundestags noch etwas warten müssen. Nach Angaben der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) und der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (DAG) ist eine Verlängerung der Öffnungszeiten frühestens Anfang 1997 möglich, wenn der geltende Rahmentarifvertrag ausläuft.

Ob die Lockerung tatsächlich kommt, hängt zunächst auch von den Ländern ab. Der SPD-bestimmte Bundesrat muß dem Gesetz zwar nicht zustimmen, könnte aber Einspruch einlegen. Er müßte dann vom Bundestag mit der absoluten Mehrheit aller Abgeordneten überstimmt werden. Für diese Kanzlermehrheit wären 337 Stimmen notwendig. Die Länder haben sich noch nicht geeinigt. Die SPD kündigte nach der Niederlage im Bundestag eine bundesweite Kampagne gegen längere Öffnungszeiten an.

Der stellvertretende Vorsitzende der DAG, Hubert Gartz, betonte, die Gewerkschaften würden bei den Verhandlungen um humane Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen kämpfen – „da kann der Gesetzgeber beschließen, was er will“. Das Gesetz, das am 1. November in Kraft treten soll, sieht vor, daß Geschäfte werktags zwischen 6 Uhr und 20 Uhr offenhalten dürfen. Außerdem sollen BäckerInnen an Sonntagen Brötchen backen und verkaufen können.

Nach dem Betriebsverfassungsgesetz sind „Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit“ allerdings mitbestimmungspflichtig. Die Gewerkschaften HBV und DAG kündigten bereits harten Widerstand gegen jeden Angriff auf die Mitbestimmung an.

Nach Ansicht der Arbeitgeber könnte jedoch jede Liberalisierung an der Mitbestimmung bei der Arbeitszeit scheitern. Bevor die längeren Öffnungszeiten wirksam werden können, müßten zudem die bestehenden Tarifverträge geändert werden. Die Tarifverträge laufen mindestens bis Ende 1996, in den neuen Bundesländern sogar zum Teil bis Ende 1998.

Die HBV-Vorsitzende Margret Mönig-Raane und die DAG trommelten die regionalen Tarifkommissionen der Gewerkschaften für das Wochenende zusammen. „Wenn die Arbeitgeber nach der neuen Gesetzeslage öffnen wollen, müssen sie mit uns reden und mit uns als Tarifvertragspartei verhandeln“, betonte Mönig-Raane. DAG-Vize Gartz erklärte, bei einer Kündigung der Verträge werde sich die Gewerkschaft neuen Gesprächen aber nicht entziehen.

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